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Deutschland - 03.11.2018

Besuch in Warschau: Affront gegen Merkel – Polen rückt vom Migrationspakt ab

Merkel und Morawiecki: In vielen Punkten herrscht Uneinigkeit – doch sie betonen die Gemeinsamkeiten. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Vor allem in der Migrationspolitik liegen Berlin und Warschau schon lange über Kreuz. Trotz einiger Gemeinsamkeiten düpiert Polen die Bundeskanzlerin während ihres Besuchs.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Polen besucht und kommt nicht nur mit Erfolgen zurück. Zwar wollen Polen und Deutschland trotz aller Konflikte ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen – gerade auch in der Europapolitik. In der Migrationspolitik ist eine Einigung allerdings nicht in Sicht. Polen kritisiert unter anderem seit langem scharf Merkels Flüchtlingspolitik und weigert sich strikt, Migranten nach einer Quote aufzunehmen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte nun in Warschau an, sein Land werde sich mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen zurückziehen. „Wir sind der Ansicht, dass unsere souveränen Prinzipien absolute Priorität haben.“

Kanzlerin betont Gemeinsamkeiten

Damit würde sich Polen der ablehnenden Haltung der USA, Ungarns, Australiens und Österreichs anschließen – es wäre ein Affront gegen Merkel. Der rechtlich nicht verbindliche „Globale Pakt für Migration“ soll bei einem UN-Treffen am 10. und 11. Dezember in Marokko unterzeichnet werden und dazu beitragen, Flucht und Migration besser zu organisieren. 

Es gebe viele Gemeinsamkeiten, die zeigten, „dass es sich nicht nur lohnt, gemeinsam zu arbeiten, sondern dass es für uns beide gewinnbringend ist, zusammenzuarbeiten“, sagte Kanzlerin Angela Merkel in Warschau. Sie nahm dort mit fast allen ihren Ministern am 15. deutsch-polnischen Regierungstreffen teil. Meinungsverschiedenheiten könnten nur über Gespräche gelöst werden. „Und auch dafür ist es gut, wenn man sich besser kennt“, sagte sie und versicherte: „Wir sind gewillt, für die Zukunft die Entwicklung friedlich und freundschaftlich zu gestalten.“

Morawiecki wollte kein Öl ins Feuer gießen

Auch Morawiecki beschwor die Gemeinsamkeiten. Bei allen strittigen Themen bemühte er sich erkennbar, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen. So betonte er, es gebe gemeinsame europäische Interessen in der globalisierten Welt. Beide Länder wollten zusammen daran arbeiten, die EU etwa gegenüber China und auch angesichts terroristischer Gefahren zu stärken. „Ich bin Optimist, was die Zukunft der EU anbelangt. Meinungsunterschiede überschatten manchmal unnötigerweise gemeinsame Interessen und Werte.“

Merkel bekräftigte, Berlin und Warschau wollten ein geordnetes Verfahren für den Brexit finden, den Ausstieg Großbritanniens aus der EU. Im Zusammenhang mit dem in Polen umstrittenen Pipeline-Projekt Nord Stream 2, das Gas direkt aus Russland durch die Ostsee nach Deutschland führt, betonte die Kanzlerin, die Energieversorgung der Bundesrepublik müsse breiter aufgestellt werden. Dazu solle in Deutschland schneller als geplant ein Terminal für Flüssigerdgas-Importe (LNG) entstehen. Deutschland und Polen hätten das gemeinsame Ziel, dass die Ukraine weiterhin Transitland für russisches Gas bleibe, weil dies auch eine Sicherheitskomponente für das Land darstelle, sagte Merkel, die am Vortag die Ukraine besucht hatte.

Schon vor dem Besuch Merkels in Warschau war in Berlin betont worden, welche Bedeutung gute Beziehungen Deutschlands zu dem östlichen Nachbarn hätten. Es sei der Kanzlerin über die bekannten Streitfelder hinaus wichtig, die Nähe und Intensität der Zusammenarbeit zu zeigen. Polen bleibe ein wichtiger Partner – es gebe allen Grund, die Zusammenarbeit zu pflegen, auch wenn es mit der Regierung in Warschau auch Meinungsverschiedenheiten gebe. Die Beziehungen Warschaus zu Berlin und Brüssel hatten unter dem Konfrontationskurs der seit 2015 regierenden nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit PiS gelitten. Auf EU-Ebene steht Polen wegen umstrittener Justizgesetze in der Kritik, die aus Sicht der EU-Kommission die Unabhängigkeit der Gerichte und damit EU-Grundwerte bedrohen. 

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