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Politik - 27.10.2018

„Flüchtlingen muss sichere Rückkehr in ihre Heimat garantiert werden“

Der Wiederaufbau Syriens wird teuer. 200 Milliarden Dollar werden nicht annähernd ausreichen, sagt Johannes Hahn, EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik. Europa müsse zudem in Kauf nehmen, dass Assad vorerst an der Macht bleibt. 0

Es war ein langer Tag für Johannes Hahn (60). Der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik hat in Jordanien König Abdullah II. und Premierminister Omar al-Rassas getroffen. Jetzt sitzt er entspannt bei Tee und Mezze in einem Restaurant am Rande der Hauptstadt Amman.

WELT: Herr Kommissar, warum kümmern Sie sich so intensiv um Länder wie Jordanien?

Johannes Hahn: Das fundamentale Ziel der Europäischen Union ist, mehr Stabilität in die Nachbarschaft zu exportieren, um zu vermeiden, dass wir Instabilität von dort importieren. Wir überlegen uns dabei immer, mit welchen maßgeschneiderten Maßnahmen wir die Länder in unserer südlichen und östlichen Nachbarschaft konkret unterstützen können.

WELT: Warum ist Jordanien aus Ihrer Sicht so wichtig?

Hahn: Das Land ist ein Anker der Stabilität in einem Umfeld, das von Instabilität und Gewalt gekennzeichnet ist. Wir müssen unsere volle Kraft darauf richten, dass dieser Anker nicht ins Rutschen gerät.

WELT: Wodurch?

Hahn: Durch externe, aber auch durch interne Faktoren. Es wäre wichtig, dass die sozialen Proteste, die es vor wenigen Monaten gegeben hat, nicht wieder aufflammen. Damals protestierten vor allem Angehörige der Mittelschicht, weil das Leben für sie immer teurer wird.

Putin wird zur Hauptfigur bei Syrienkonferenz Das Video konnte nicht abgespielt werden.
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Der türkische Präsident Erdogan hat Kanzlerin Merkel, Frankreichs Staatschef Macron und den russische Präsidenten Putin nach Istanbul eingeladen. Zusammen wollen sie über die syrische Stadt Idlib sprechen. Putin befindet sich dabei in einer besonderen Rolle.

Die Regierung hat nun versprochen gegenzusteuern, nicht zuletzt durch ein besseres öffentliches Ausbildungs- und Gesundheitswesen. Das muss aber Hand in Hand gehen mit einer verbesserten wirtschaftlichen Entwicklung, die neue Arbeitsplätze schafft. Und das ist auch der Fokus unserer Unterstützung.

WELT: Kann Jordanien bei der Suche nach einer Lösung für Syrien eine Rolle spielen?

Hahn: Ich bin überzeugt, dass der Westen bei den Verhandlungen über die Zukunft Syriens Jordanien einbeziehen und als Vermittler nutzen sollte. Jordanien wäre wahrscheinlich von allen Ländern in der Region der vertrauenswürdigste Makler. Jordanien hat eigentlich zu all seinen Nachbarn eine geregelte Beziehung und belastbare Gesprächskanäle.

Hinzu kommt, dass Jordanien ein relativ säkularisiertes Land ist, in dem religiöse Konflikte keine allzu große Rolle spielen, was die Akzeptanz in der Region eher noch steigert. Wichtig ist generell, dass die Verhandlungen über Frieden in Syrien weiterhin unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) geführt werden.

WELT: Welche Rolle können die Europäer beim Wiederaufbau Syriens spielen?

Hahn: Ich sage immer, es gibt auf der Welt Experten für Zerstörung und Experten für Wiederaufbau. Die EU gehört ganz sicher zur zweiten Kategorie. Daher wird beim Wiederaufbau kein Weg an den Europäern vorbeiführen.

Die finanzielle Dimension ist aber so gigantisch, dass alle mithelfen müssen. Die Schätzungen liegen derzeit bei rund 200 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau Syriens. Ich glaube aber nicht, dass diese Summe letztlich auch nur annähernd ausreichen wird.

WELT: Welche Bedingungen stellt die EU, wenn sie schon zahlen soll?

Hahn: Die EU muss Zahlungen an eine politische Lösung knüpfen, die unter anderem syrischen Flüchtlingen eine sichere Rückkehr in ihre Heimat garantiert. Zudem darf das berühmte Gesetz Nummer zehn zur Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nicht zu einer massenhaften Enteignung von Syrern führen, die aus ihrem Land geflohen sind.

WELT: Was soll mit Machthaber Assad passieren?

Hahn: Es sind in diesem schrecklichen Krieg leider Fakten geschaffen worden, die man nicht ignorieren können wird. Ich denke daher, dass Präsident Assad in der Übergangsphase ein Faktor sein wird.

Viel wichtiger als die Frage nach der Zukunft Assads ist aber, dass Syrien eine neue, inklusive Verfassung erhält und es dann zu Wahlen kommt. Die Zukunft Syriens muss von allen Syrern mitbestimmt werden. Es ist ihr Land. Nur so kann Stabilität geschaffen werden.

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