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Sport - 20.06.2019

Alba bleibt nur noch das Prinzip Hoffnung

Zu lange Schwächephasen kosten Alba den Sieg. Sportdirektor Himar Ojeda überrascht mit einer untypischen Sicht auf die Dinge.

Peyton Siva (l.) verfolgt Bayerns Maodo Lo.

Eine der angenehmsten Eigenschaften des aktuellen Teams von Alba Berlin ist die gute Selbstreflexion. Bei Siegen ist eigentlich nie ein überhebliches Wort von Spielern sowie Vereinsführung zu hören und auch Niederlagen werden meist realistisch eingeschätzt. So klangen einige Kommentare nach der zweiten Niederlage im zweiten Spiel der Finalserie um die deutsche Meisterschaft gegen Bayern München am Mittwoch zwar leicht nach Kapitulation, waren im Grunde genommen aber treffende Analysen.
„München ist sehr gut, hat das bessere Team, die besseren Spieler“, sagte Albas Sportdirektor Himar Ojeda. Das Gute am Sport sei, dass nicht immer die bessere Mannschaft mit dem höheren Budget gewinne. Um Bayern zu schlagen, müsse bei Alba aber alles perfekt laufen. Das tat es weder im ersten Spiel, als sich die Berliner in den letzten Minuten durch zwei Fehlentscheidungen der Schiedsrichter aus dem Konzept bringen ließen, noch am Mittwoch, als sich Alba beim 77:82 zwischen dem überragenden ersten Viertel und einer starken Aufholjagd zu lange Schwächephasen gönnte.
„Wir hatten zu viele Ballverluste – und zu viele Spieler, die nicht ihre beste Leistung gebracht haben“, sagte Martin Hermannsson. „Mich eingeschlossen.“ In großen Teilen der zweiten Halbzeit verlor Alba den Faden, spielte zu hektisch, leistete sich viele Fouls und ließ sich von der hitzigen Atmosphäre anstecken. Ein erfahrenes Spitzenteam wie die Münchner nutzt so etwas eiskalt aus.
„Wir machen das Maximum, um ihr Level zu erreichen und sie zu besiegen, heute hat es leider nicht ganz gereicht“, sagte Ojeda und erinnerte an Albas Spielphilosophie. „Wir glauben an unterhaltsamen Basketball, an ein Team mit jungen Spielern, das die wenigsten Fouls in der Liga begeht. Das ist unsere DNA und dabei bleiben wir“, sagte der Sportdirektor und schob einen im Profisport sehr untypischen Satz hinterher. „Es geht nicht darum, ob du Titel gewinnst oder nicht. Es geht darum, die Dinge zu tun, an die du glaubst.“
Gerade der erste Teil ist innerhalb der Mannschaft vermutlich wenig konsensfähig. Nach zwei verlorenen Endspielen in dieser Saison – und vier in knapp anderthalb Jahren – ist die Sehnsucht nach etwas Zählbarem bei Alba riesig. Ein Titel wäre die Krönung der Entwicklung, die Chancen darauf sind angesichts des 0:2-Serienstandes und des Münchner Heimvorteiles aber auf ein Minimum geschrumpft.

Alter oder Erfahrung spielen keine Rolle

Dennoch zeigte das zweite Finalspiel mal wieder, dass Albas Weg mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern funktioniert – auch wenn er wohl wieder keinen Titel einbringt. Während Leistungsträger wie Peyton Siva, Luke Sikma und Hermannsson nicht überzeugen konnten, machte Franz Wagner sein bestes Spiel im Profiteam. Trainer Aito Garcia Reneses nimmt bei der Aufstellung bekanntermaßen wenig Rücksicht auf das Alter oder Erfahrung. So war Nationalspieler Joshiko Saibou nicht mal im Kader, während der 17 Jahre alte Wagner sogar in der Startformation stand. In 21 Minuten machte er 14 Punkte – mit einer erstaunlichen Abgeklärtheit und ohne einen einzigen Fehlwurf.
„Das ist ein Traum, der ein bisschen in Erfüllung geht“, sagte Wagner. „Als ich früher von der Tribüne zugeguckt habe, wollte ich irgendwann hier unten stehen. Schön, dass es schon dieses Jahr geklappt hat.“ Über die gute Leistung freue er sich natürlich. „Ich weiß aber auch, dass es nur ein Spiel war und dass wir verloren haben. So richtig bringt es mir also nichts.“
Sollte Alba am Sonntag (18 Uhr) in München auch das dritte Spiel verlieren, könnte Wagners Zeit in Berlin schon zu Ende gehen. Die Entscheidung, ob er in der kommenden Saison Profi bei Alba wird oder in die USA ans College geht, hat er immer noch nicht getroffen. Ojeda sieht Wagners starkes Spiel gegen die Bayern als weiteren Schritt in dessen Entwicklung. „Wir glauben, dass er auf dieses Niveau gehört und deshalb wollen wir ihn auch überzeugen, hier zu bleiben“, sagte der Sportdirektor.

Das Spiel in München muss „geklaut“ werden

Wagner will sich erst mal auf das Sportliche fokussieren. „Jeder, der die Spiele verfolgt hat, hat gesehen, dass wir eine Chance haben“, sagte er und gibt die Hoffnung noch nicht auf. Das Team müsse sich jetzt ausschließlich darauf konzentrieren, das frühe Ende der Serie zu verhindern. „Wenn wir daran denken, dass wir drei Mal hintereinander gewinnen müssen, wird es sehr schwer“, sagte Wagner. „Jetzt wollen wir erst mal das Spiel in München klauen.“

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