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Sport - 14.01.2019

„Angelique Kerber ist jetzt viel selbstbewusster“

Barbara Rittner lobt die Willensstärke und das Auftreten von Angelique Kerber und wünscht sich mehr Tennis bei ARD und ZDF. Ein Interview.

Nummer eins im Team und in der Tenniswelt. Angelique Kerber mit Bundestrainerin Barbara Rittner.

Frau Rittner, wie schaltet eine Tennis-Bundestrainerin vom Tennis ab?

So richtig geht das eigentlich nur ganz selten. Im Sommer mal für 14 Tage und jetzt rund um den Jahreswechsel. Da bin ich wirklich nur in dringenden Fällen per E-Mail erreichbar. Aber bis Weihnachten hatte ich noch richtig zu tun. Schließlich gibt es viele Dinge aufzuarbeiten und das Jahr 2017 zu planen.

Und schon Anfang Januar geht auch für Sie in Australien die neue Saison los.

Ja, ich fliege am 10. Januar hin, um auch die jüngeren Spielerinnen in der Qualifikationsrunde der Australian Open zu unterstützen. Am 16. Januar beginnt das Turnier dann richtig und danach geht es auch gleich weiter mit dem Fed Cup auf Hawaii gegen die USA.

Australien, Hawaii – sie kommen regelmäßig dahin, wo andere gern Urlaub machen würden.

Tatsächlich kenne ich viele dieser Orte nur als Reiseziele im Tennis. Klar, wenn wir auf Hawaii sind, wird es dort sehr schön sein. Wir werden in einem Resort direkt am Meer spielen. Aber ich pendele eigentlich nur zwischen Hotel und Platz, das ist pure Arbeit. Und ich bin leider Gottes auch nicht der Typ, der dann hinterher noch entspannt ein paar Tage dranhängt und genießt, wo er ist. Ich muss immer schnell von dort weg, wo ich gearbeitet habe.

Was bedeutet denn für Sie Entspannung?

Vor allem Zweisamkeit mit meinem Lebensgefährten zu verbringen. Außerdem nicht im Hotel leben zu müssen. Mal selber kochen, einkaufen und mit dem Hund spazieren gehen. Das klingt für andere wie Alltag. Aber wenn wir jetzt mal zwischen Weihnachten und Neujahr für ein paar Tage in den Bergen sind, die Seele baumeln und das vergangene Jahr Revue passieren lassen können, ist das für mich wirklich pure Entspannung.   

Wenn Sie an 2016 denken: War das vergangene für Sie das schönste Jahr als Tennis-Bundestrainerin?

Für mich hat als Bundestrainerin natürlich der Fed Cup höchste Priorität. Und da war 2014 besser, als wir es bis ins Finale geschafft haben. Aber natürlich war es für mich auch toll, die Erfolge von Angelique Kerber unmittelbar mitzuerleben. Ich kenne sie seit 15 Jahren und jetzt ist sie die Nummer eins, gewinnt Grand-Slam-Turniere und Olympiasilber. Das ist auch für mich etwas ganz Besonderes.

Wie groß ist Ihr Anteil an den Erfolgen von Angelique Kerber?

Das müssen andere beurteilen respektive Angie selbst. Ich denke, ich bin einfach eine konstante Person im Hintergrund, die immer mit Rat und Tat zur Seite steht. Vor allem auch in schwierigen Zeiten. Jetzt, wo es so gut läuft, habe ich mich ein bisschen zurückgezogen. Ich bin natürlich bei den Grand Slams da oder wir reden beim Fed Cup viel miteinander. Aber ich möchte eigentlich nicht bewerten, wie groß mein Anteil an Angies Entwicklung zur Nummer eins ist. Ich freue mich mit ihr, mein Herz geht da voll mit.

Video23.12.2016, 10:00 Uhr02:00 Min.2016: Das besondere Jahr der Angelique Kerber

Hat der Erfolg Angelique Kerber verändert?

Grundsätzlich ist sie die Gleiche wie vorher. Sie ist einfach sehr bodenständig. Auch die Menschen um sie herum. Angie bittet ja sogar darum, dass man ihr sagt, wenn sie sich irgendwie anders als vorher verhält. Trotzdem verändert so ein Erfolg einen Menschen natürlich. In ihrem Falle ist es so, dass sie jetzt viel selbstbewusster ist. Durch ihre vielen öffentlichen Auftritte strahlt sie eine ganz andere Selbstsicherheit aus. Sie ist schlagfertiger in ihren Antworten, gibt auch mehr von sich preis. Manche denken, da ist ein Touch Arroganz dabei. Das ist aber mitnichten so. Sie konzentriert sich einfach nur auf sich selbst.

Wie wirkt sich dieser Status als beste Spielerin der Welt auf das deutsche Team aus?

Als Nummer eins ist sie natürlich die absolute Teamleaderin. Aber sie braucht natürlich die volle Energie für ihre Einzelkarriere. Da hat sie nicht mehr so viel Zeit, sich um andere Teammitglieder zu kümmern. Die anderen müssen sich an ihr orientieren und Motivation aus Angies Erfolgen ziehen. Angie ist aber auch nicht der Typ, der jetzt viel mit anderen redet oder Kolleginnen motiviert. Sie geht einfach mit gutem Beispiel voran. Für eine Trainerin ist so eine Nummer eins einerseits toll, andererseits hat sie jetzt so viele Termine. Da kann ich nur hoffen, dass sie gesund bleibt, damit sie auch künftig im Fed Cup eine tragende Rolle spielen kann.

Sie haben mit Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Julia Görges und Angelique Kerber vier Spielerinnen in Ihrer Entwicklung erlebt: Warum hat Kerber es ganz nach oben geschafft und die anderen nicht?

Angie ist extrem ruhig und unaufgeregt. Sie hat immer geschaut, wie sie sich verbessern kann und weitergearbeitet. Sie lässt sich nicht so leicht ablenken. Der Fokus liegt bei ihr immer auf dem Tennis. Dagegen ist eine Sabine Lisicki sehr emotional, sie genießt die Dinge und lässt die Öffentlichkeit auch daran teilhaben. Auch eine Andrea Petkovic hat emotional unglaubliche Ups und Downs. Ich glaube, da ist Angie über all die Jahre einfach ausgeglichener gewesen.

Hat der Kopf im Falle von Kerber also den Unterschied ausgemacht?

Ich glaube, Angie ist am härtesten mit sich selbst ins Gericht gegangen. Sie hat sich wirklich hingesetzt und sich gefragt, warum es nicht läuft und was sie da noch machen kann. Dafür hat sie sich Leute geholt und an Sachen gearbeitet, sich immer weiter verbessert und nie den Glauben daran verloren, es nach ganz oben schaffen zu können.

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