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Sport - 25.05.2019

Aus im Viertelfinale – warum die Deutschen trotzdem zufrieden sein können

Deutschland scheidet am Ende etwas unglücklich gegen Tschechien bei der WM aus. Doch der Blick in die Zukunft macht Mut.

Viel Gestocher: Deutschland war chancenlos gegen Tschechien.

Toni Söderholm ist kein Mensch, der nach außen hin für die ganz großen Gefühlsregungen zu haben ist. Dazu ist der Finne viel zu kontrolliert und nüchtern. Für seine Verhältnisse ging er da am Donnerstag zu ganz später Stunde in der Arena von Bratislava schon weit aus sich heraus. „Ich bin einfach stolz auf die Jungs“, sagte er der Eishockey-Bundestrainer mit einem melancholischen Blick. Das finale Ergebnis seiner deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft sehe jetzt vielleicht blöd aus, aber auch das Spiel sei gut gewesen. „Nach dem zweiten Drittel dachte ich, jetzt schaffen wir das. 44 Minuten lang waren wir dran.“ Aber das reichte nicht, 1:1 stand es nach 44 Minuten, 1:5 nach 60 Minuten gegen den klug konternden Gegner aus Tschechien. Die Deutschen sind im Viertelfinale aus dem WM-Turnier 2019 ausgeschieden, haben bitter verloren, aber auch – und das ist die Erkenntnis – in acht WM-Spielen ein Stück Zukunft gewonnen.

Es ist ja nun einmal so, dass der Gewinn der olympischen Silbermedaille bei den Winterspielen 2018 der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft einen anderen Status beschert hat. Die Erwartungen an das Team sind in der Heimat gestiegen, die Gegner haben mehr Respekt als früher vor der Mannschaft, die nun bei den Großen mitspielen kann. Dass sie, wie nun in der Slowakei, zusammen mit Eishockey-Größen wie Schweden oder den USA nach dem Viertelfinale nach Hause fahren muss, kann eben passieren. Aber der nächste Schritt ist in Reichweite, denn die Mannschaft stützt sich mitnichten auf die erfahrenen Spieler, die bei den Winterspielen 2018 so erfolgreich waren. Die Rolle von Moritz Müller und Kollegen wird immer kleiner, die Jugend ist dem erfahrenen Stammpersonal, das ausschließlich in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) beschäftigt ist, schon jetzt enteilt. Ein Leon Draisaitl spielt mit nur 23 Jahren auf einem Niveau, das seine älteren Kollegen im Team nicht kennen. Und dass mit dem Mannheimer Moritz Seider ein erst 18-Jähriger der beste Verteidiger in der Mannschaft ist, spricht für sich.

In wenigen Jahren wird die Nationalmannschaft ein anderes Gesicht haben

Seider wird es womöglich schon nächste Saison in die National Hockey-League (NHL) schaffen. „Bei den Fortschritten, die er in den jüngsten Monaten gemacht hat, traue ich ihm das locker zu“, sagt Söderholm. Künftig werden die Säulen der Nationalmannschaft in der stärksten Eishockey-Liga der Welt beschäftigt sein. Spieler wie Dominik Bokk (19 Jahre, zur Zeit in der ersten schwedischen Liga aktiv) oder der junge Berliner Leon Gawanke (ebenfalls 19) waren beim Turnier in der Slowakei noch nicht einmal dabei. Stürmer Gawanke, der aus dem Nachwuchs der Eisbären stammt, hat am Donnerstag einen Drei-Jahres-Vertrag bei den Winnipeg Jets unterschrieben. Bokk dürfte bald für St. Louis spielen. In zwei, drei Jahren wird die Nationalmannschaft ein ganz anderes Gesicht haben als jetzt.

Dass die vielen guten jungen Spieler über den Umweg im Ausland den Weg nach oben schaffen – sowohl Gawanke und Bokk haben nie in Deutschland als Profi im Männerbereich gespielt – ist allerdings kein gutes Zeugnis für die Deutsche Eishockey-Liga. In der gurken abseits der großen Klubs aus Mannheim und München immer noch Mannschaften herum, in denen nicht ein einziger deutscher Nachwuchsspieler eine Chance bekommt. Die Zahl eingedeutschter Profis ist in der Liga eklatant hoch. Die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven etwa haben vergangene Saison am Ende nicht einen einzigen Spieler eingesetzt, der in Deutschland das Eishockeyspielen erlernt hat. Der ehemalige Nationalspieler und heutige Fernsehkommentator Erich Goldman bringt es auf den Punkt: Nur über eine starke Nationalmannschaft schaffe mehr Aufmerksamkeit für das Eishockey. „Das müsste inzwischen auch der größte Ignorant, der nur in seiner Vereinsblase lebt, verstanden haben.“

Vielleicht war der Auftritt der Deutschen in der Slowakei tatsächlich ein guter Anstoß in diesem Thema, denn trotz des trüben Ende im letzten Spiel ist die Bilanz am Ende positiv: Von acht Spielen hat Söderholms Mannschaft fünf gewonnen. Das gab es noch nie. Leon Draisaitl sagte nach der Niederlage gegen die Tschechen. „Dass das letzte Spiel so gelaufen ist, ist schade. Aber insgesamt haben wir einen Schritt nach vorn gemacht.“

 

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