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Sport - 05.02.2019

Bei Hertha BSC ist die Luft raus

Ein Zauberer war er nie. Trotzdem führte er Hertha BSC zurück in die erste Liga. Doch jetzt wirkt die Mannschaft ausgebrannt. Nach 31 Monaten muss Trainer Jos Luhukay gehen. Viel zu spät, schimpfen die einen. Andere sagen: Es trifft den Falschen.

Fußballlehrer mit Einfluss. Trainer Jos Luhukay bestimmte beim Verein sogar die Personalpolitik. Manager Michael Preetz steht…

Pal Dardai kommt aus Ungarn, er lebt jetzt seit beinahe zwanzig Jahren in Berlin, doch seine deutsche Formulierungskunst erinnert noch immer stark an Pep Guardiola. Ungestüm und in wilder Anordnung sprudeln die Worte aus seinem Mund, dazu lacht er breit mit seinem Kindergesicht und freut sich, wenn die anderen mitlachen. Dabei hat er sehr wohl verinnerlicht, worauf es ankommt an seinem ersten Tag als neuer, starker Mann bei Hertha BSC. Martialisch muss er wirken, kämpferisch und überzeugend. Den markantesten Satz spricht er kurz vor dem ersten Training mit seiner neuen Mannschaft, er soll sie vom vorletzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga wieder in kommodere Gefilde führen. Also sagt Pal Dardai: „Ich werde bis zum Tode arbeiten.“

Na, das ist doch mal eine Ansage, sie steht für den unbedingten Willen, die Chance zu nutzen, die ihm sein Verein da eher widerwillig gegeben hat. Aber es ging nichts mehr bei Hertha BSC, nicht in den vergangenen Wochen und erst recht nicht am Mittwochabend im bedenklich leeren Olympiastadion. 0:1 verloren die Berliner gegen Bayer Leverkusen. Und der Erste, der den Rasen verließ, die Hände tief in den Taschen der dunkelblauen Daunenjacke vergraben, war Jos Luhukay. Der Mann, der danach noch ein paar Stunden lang Herthas Cheftrainer war. Bis der Verein am Donnerstag zur Mittagstunde die Trennung verkündete und Pal Dardai als neuen Trainer vorstellte. Den Ungarn, Herthas Rekordspieler mit 286 Einsätzen in der Bundesliga.

Jetzt ist er 38 Jahre alt und soll Sorge tragen dafür, dass es sein Verein auch in der kommenden Spielzeit in der Erstklassigkeit stattfindet. Und wenn er dafür bis zum Tod arbeiten muss oder noch ein bisschen mehr.

Dardai fehlt die nötige Trainerlizenz

Weil dem Ungarn neben der Erfahrung auf diesem Niveau auch die nötige Trainerlizenz fehlt, bekommt er mit Rainer Widmayer noch einen erfahrenen Mann an die Seite. Der 47-Jährige war mal Co-Trainer von Markus Babbel bei Hertha, und obwohl die Trennung von Babbel damals nicht ganz ohne Nebengeräusche abgelaufen ist, hat Widmayers Verhältnis zu Manager Michael Preetz keinen Schaden genommen. Pikant an der neuen Konstellation ist viel mehr, dass es Babbel und Widmayer waren, die Dardai mehr oder weniger Richtung Karriereende gedrängt haben; ihr Verhältnis war dadurch in der Vergangenheit nicht ganz störungsfrei.

Herthas Trainer seit 1997Weitere Bilder anzeigen
1 von 15Foto: dpa05.02.2015 15:12Pal Dardai übernahm Anfang Februar die Trainerstelle von Jos Luhukay. Dem Bundesliga-Rekordspieler von Hertha BSC wurde Rainer…Zurück

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Während Widmayer in der neuen Konstellation für die fußballerische Kompetenz steht, ist Dardai vor allem als Aushängeschild für die Fans gedacht. Er ist die Beruhigungspille in unruhigen Zeiten. Dardai, der seit dem vergangenen Herbst im Nebenjob die A-Nationalmannschaft seines Heimatlandes betreut, besitzt beim Anhang des Berliner Bundesligisten einen ausgesprochen guten Ruf. „Ungarn ist wichtig und Hertha ist sehr, sehr wichtig“, sagt er bei seiner Vorstellung. Als Spieler war er kein begnadeter Techniker, hat im Mittelfeld aber jedes Loch zugelaufen und jeden Erdklumpen mit Namen gekannt. Auch als Trainer ist Dardai bisher nicht gerade durch intellektuelle Herangehensweise aufgefallen, Herthas Jugendspieler soll er mit harter Hand führen. Super, werden die Fans sagen, genau das ist es, was die verwöhnten Profis jetzt mal brauchen.

Wenn Dardai in den nächsten Wochen die Wende schafft, wird er im Ansehen der Anhänger weiter steigen. Schon jetzt ist er beliebt, weil er als Fußballer ein Kämpfer war, der Hertha immer treu geblieben ist. „Ich werde die Fans hinter mir haben“, sagt Dardai. „Sie wissen, dass ich immer für den Verein gearbeitet habe.“ Der Mann steht, genauso wie Michael Preetz, für eine Zeit, in der Hertha zu einer großen Nummer aufstieg. Gemeinsam schafften sie den Aufstieg in die Bundesliga und zogen in die Champions League ein.

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  • Das System Luhukay: Fußballehrer, nicht Zauberer

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