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Sport - 10.06.2019

Der fatale Irrtum des VfL Gummersbach

Ein lächerliches Tor sorgte am Sonntag dafür, dass der VfL Gummersbach erstmals aus der Handball-Bundesliga abstieg. Alles andere ging beinahe unter.

Trauer. Die Gummersbacher Marvin Sommer (r.) und Yonatan Dayan können es nicht fassen.

In seiner Funktion als Fernsehexperte ist Heiner Brand noch immer Stammgast in den Handball-Hallen des Landes. Wo der ehemalige Bundestrainer mit dem Walrossbart auch auftaucht, fliegen ihm die Sympathien der Menschen entgegen. Am Sonntag etwa war Brand zu Besuch in der Arena von Bietigheim-Bissingen, um Expertisen abzugeben und – so viel Verbundenheit muss sein – seinem ewigen Herzensklub die Daumen zu halten.

„Leider ist es genau so gekommen, wie ich es befürchtet habe“, sagte Brand hinterher. „Für Handball-Deutschland ist das ein Verlust“, ergänzte er noch, „künftig fehlt der Bundesliga ein ganz großer Name.“ Der Name des VfL Gummersbach nämlich. Nach einem an Dramatik schwer zu überbietenden letzten Spieltag muss der Traditionsklub aus dem Oberbergischen, der in den 70ern und 80ern alle renommierten Titel abräumte, zum ersten Mal in seiner langen Geschichte und nach 53 Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit den schweren Gang in die Zweitklassigkeit antreten.

Der Umstand an sich wäre schon bitter genug für den Verein, in dessen Briefkopf unter anderem zwölf deutsche Meisterschaften und fünf Europapokalsiege der Landesmeister vermerkt sind. Noch bitterer war allerdings, wie es dazu kam: Als die Schlusssirene in Bietigheim ertönte, war der VfL dank eines 25:25-Unentschiedens noch immer erstklassig.

Wenige Sekunden später überschlugen sich dann 120 Kilometer weiter nordwestlich, in Ludwigshafen am Rhein, die Ereignisse: die ortsansässigen Eulen erzielten kurz vor dem Ende den 31:30-Siegtreffer gegen Minden und machten ein aus ihrer Sicht kleines Handball-Wunder perfekt: Ein Remis im Parallelspiel mit Gummersbacher Beteiligung war Grundvoraussetzung dafür, dass sich die Ludwigshafener überhaupt Hoffnungen auf den Ligaverbleib machen durften. Am Ende gab bei Punktgleichheit die um einen lächerlichen Treffer bessere Tordifferenz den Ausschlag für die Eulen und gegen den VfL. „In der Kabine habe ich nur weinende Männer gesehen“, berichtete Gummersbachs Trainer Torge Greve, „es ist wirklich schwer, Worte dafür zu finden.“

Gummersbach nutzt Ballbesitz kurz vor Schluss nicht

In der Retrospektive werden sich die VfL-Profis vermutlich in den Allerwertesten beißen, wenn sie sich die finale Sequenz ihres Spiels noch einmal vor Augen führen. Zehn Sekunden vor dem Ende kamen die Gummersbacher beim Stand von 25:25 ein letztes Mal in Ballbesitz. Offenbar waren die beteiligten Personen allerdings der Ansicht, dass ihnen ein Unentschieden im Abstiegskampf genügen würde, um sicher die Klasse zu halten – ein fataler Irrtum mit weitreichenden Konsequenzen. Der VfL ließ die letzten Sekunden ohne ernsthafte Bemühungen um ein mögliches Siegtor von der Uhr laufen. „Es fällt schwer, mir die Bundesliga ohne den VfL vorzustellen“, sagte Brand, der im stillen Kämmerlein ebenfalls die ein oder andere Träne verdrückt haben dürfte.

Angesichts der Dramatik im Abstiegskampf ging beinahe unter, wie eng es in der Bundesliga-Saison 2018/19 an der Spitze zuging. Die Entscheidung im Meisterkampf wurde – wie schon im Vorjahr – ebenfalls auf den allerletzten Spieltag vertagt. Und wie schon im Vorjahr hieß der Titelträger erneut: SG Flensburg-Handewitt.

Vater des Erfolgs. Flensburgs Trainer Maik Machulla vor der Meisterschale.

Die Mannschaft von Trainer Maik Machulla ließ im Fernduell mit ihrem ärgsten Verfolger, dem THW Kiel, nichts anbrennen und setzte sich mit 27:24 beim Überraschungsteam der Saison, dem Bergischen HC, durch. Alle möglichen Rechenspiele, die den um zwei Punkte schlechteren THW noch zum Meister hätten machen können, waren damit obsolet.

Von der Niederlage des BHC profitierten nicht zuletzt die Füchse Berlin. Trotz einer Niederlage im letzten Heimspiel der Saison gegen die HSG Wetzlar qualifizierten sich die Berliner als Tabellensechster für den EHF-Cup. Auch die MT Melsungen, der SC Magdeburg und die Rhein-Neckar Löwen dürfen in der Saison 2019/20 in diesem Wettbewerb starten. Die beiden Champions-League-Plätze gehen an Meister Flensburg und Vizemeister Kiel.

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