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Sport - 09.12.2018

Der Fußball in den USA steht vor einer harten Zeit

„Der dunkelste Moment in der Geschichte des US-Fußballs“: Zum ersten Mal seit 1986 sind die Vereinigten Staaten bei einer WM-Endrunde nicht dabei.

Wo kann ich mich verstecken? Christian Pulisic nach dem Spiel in Trinidad.

Zurzeit haben sie in den USA substanzielle Probleme. Zum Beispiel einen Präsidenten, der die Klimakatastrophe leugnet, auch wenn gerade ein Waldbrand halb Kalifornien in Angst und Schrecken versetzt. Dagegen mag das sportliche Desaster, das das Riesenland jetzt erlebte, etwas weniger dramatisch wirken. Und trotzdem: Zum ersten Mal seit 1986 hat das US-amerikanische Fußball-Nationalteam die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft verpasst – nach einem peinlichen 1:2 in Trinidad und Tobago. Das Trauerspiel habe so gewirkt, als habe es vor „30 Fans im Highschool-Stadion einer Kleinstadt“ stattgefunden, schreibt die „New York Post“. Es sei „der dunkelste Moment in der Geschichte des US-Fußballs“.

Das mit den Zuschauern stimmte natürlich so nicht. Das Stadion von Couva fasst 10.000 Zuschauer, gegen die USA war es halbvoll. Im Fußballalltag spielen dort die South Starworld Strikers. 1,2 Millionen Einwohner leben in Trinidad Tobago, 16.500 davon in Couva. Da kann man auch als mittelprächtig gute Fußballnation mit einem Team bestehend aus vielen Europa-Profis an sich nicht verlieren. Der US-Verband twitterte nach dem Desaster: „Am Boden zerstört. Aber wir danken unseren Anhängern. Wir werden durchhalten.“ Das dürfte schwer werden, denn Fußball wird in nächster Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch eine Rolle spielen – ohne die Möglichkeit, auf den Höhepunkt WM hinzusteuern. Vor allem bei den WM-Turnieren schauen sie in den USA hin, wenn es um Fußball geht. Der Spielbetrieb der Major League Soccer (MLS) ist mehr etwas für Freaks.

Es gibt eine gute Nachwuchsarbeit, aber für die Jugend bietet die eigene Liga keinen Anreiz

Das hätten sie mit Jürgen Klinsmann auch haben können, so eine verpasste WM-Teilnahme. Der deutsche Trainer, der vor neun Monaten entlassen worden ist, hat dem US-Team Glanz gebracht, sein Nachfolger Bruce Arena wirkt dagegen trotz großer Errungenschaften von einst (WM-Qualifikationen 2002 und 2006) trübe – auch im Moment des Scheiterns. „Ich übernehme die Verantwortung“, sagte er am Mittwoch. Unter Klinsmann war zwar nur der Trainer der Star, aber immerhin hatten sie einen Star, der aus einem Fußballland kam. Nach dem Star-Rezept bauen sie auch ihre MLS auf. Bei Chicago Fire zum Beispiel bekommt Bastian Schweinsteiger 5,4 Millionen Dollar pro Saison. Neben dem Deutschen ist nur noch der Ungar Nemanja Nikolic Gehaltsmillionär, die Spieler aus der zweiten Reihe erhalten nicht einmal ein sechsstelliges Dollargehalt – beim VfL Osnabrück in der deutschen dritten Liga gibt es mehr zu verdienen.

Und das ist das Dilemma des US-Fußballs: Es gibt eine gute Nachwuchsarbeit, aber für die Jugend bietet die eigene Liga keinen Anreiz. Selbst Klinsmanns Sohn Jonathan zog die Option vor, Ersatztorwart bei Hertha BSC zu werden anstatt sich in der MLS zu versuchen. Die MLS ist eine Operettenliga, in der abgehalfterte Weltstars noch mal abkassieren können. Wer Talent hat als Fußballer in den USA, der muss nach Europa gehen. Wie zum Beispiel Christian Pulisic. Mit 19 ist er nun Profi bei Borussia Dortmund und war übrigens einziger US-Torschütze beim Aus in Trinidad. Vielleicht biete das Scheitern auch die Chance, ein neues Programm für den Fußball zu starten und umzudenken, schreibt der Kolumnist in der „New York Post“.

Fünf Millionen Dollar für einen alternden Schweinsteiger sind eben keine Investition in die Zukunft des Fußballs, der in den USA nie so richtig ankommen wollte: Junge Sporttalente wollen nur im Ausnahmefall Fußballstar werden. Es gibt bis heute nicht einen einzigen US-Fußballer in der Geschichte der Sportart, der den Status eines Bastian Schweinsteigers erreicht hätte. Star in einer Mannschaftsportart wird man in den USA im Football, Baseball, Basketball oder Eishockey. Daran wird sich durch das Scheitern jetzt erst recht nichts ändern.

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