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Sport - 16.01.2019

Die Macht der Masse trägt das deutsche Team

Bei der WM profitiert die Nationalmannschaft vom enthusiastischen Berliner Publikum. In keiner anderen Sportart ist der Heimvorteil so viel Wert. Ein Kommentar.

Wenn die deutsche Mannschaft spielt, sind die Tribünen gut gefüllt.

Bei großen Handball-Turnieren gibt es seit 2018 eine technische Neuerung: Trainer müssen auf den sogenannten Buzzer drücken, um eine Auszeit zu beantragen; im Grunde geht es zu wie in einer Quizshow. Am Dienstagabend im Vorrundenspiel zwischen Gastgeber Deutschland und Titelverteidiger Frankreich (25:25) versagte die Technik allerdings und die Old-School-Variante kam zum Einsatz: die gute, alte Grüne Karte. Als Christian Prokop diese einreichte, machte sich Panik breit. Der zuständige Mann vom Wettkampfgericht pfiff sich die Seele aus dem Leib, um die Schiedsrichter auf das Anliegen des Bundestrainers aufmerksam zu machen. Das Problem war nur: seine Pfiffe gingen unter dem Druck der 13.500 Zuschauer komplett unter.

Ja, es war laut in der Arena am Ostbahnhof – so extrem laut wie bei keinem anderen der drei Hauptrundenspiele zuvor. So extrem laut, wie es sich die Nationalspieler in allen Interviews vor dem Turnierstart gewünscht hatten. So verdammt laut, dass sich die Mannschaft mitreißen ließ und dem Weltmeister aus Frankreich einen Punkt abnahm. „Die Fans haben aus einer Partystimmung eine Heim-WM gemacht, das war grandios“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning am Morgen danach. Auch die Spieler, allesamt erfahrene Profis, die die großen Hallen der Welt und den täglichen Adrenalinkick kennen, zeigten sich schwer beeindruckt von der Kulisse. Torhüter Andreas Wolff etwa war so aufgewühlt, dass er erst gegen vier Uhr in der Nacht einschlief.

Wie ein zusätzlicher Feldspieler

Die Macht der Masse – sie hat eine unschätzbar große Bedeutung im Handball. In keiner anderen Sportart ist der Heimvorteil so viel Wert. Die alte Faustformel lautet: Wer den Gastgeber mit einem Tor Differenz besiegen will, tut gut daran, sicherheitshalber fünf Tore besser zu sein. Der Druck von außen, die Pfiffe und Gesänge, die Gesten und Ausraster der Fans – sie nehmen nachweislich Einfluss auf so manch kleine Entscheidung der Schiedsrichter, die im Zweifelsfall eher für den Gastgeber entscheiden. Die 13.500 Menschen in Berlin – sie dürfen sich wie der viel zitierte zusätzliche Feldspieler fühlen. Bei Unterzahl-Situationen erhoben sich etwa am Dienstagabend alle von den Sitzen – ein Wunsch, den die Nationalspieler vor dem Anpfiff explizit geäußert hatten.

Zur Wahrheit gehörte aber auch, dass sich der deutsche Anhang zunächst ein wenig auf die Sprünge helfen lassen musste, Hanning schwor die Fans wenige Minuten vor dem Anpfiff noch einmal über die Hallenlautsprecher ein. Vor der Rückkehr der Füchse Berlin war die Stadt als Handball-Standort eben zwei Jahrzehnte irrelevant; ein ausgewiesenes Fachpublikum, wie man es aus Kiel, Magdeburg oder Flensburg kennt, durfte man also von vornherein nicht erwarten. Gemessen daran haben sich die Fans mittlerweile selbst übertroffen.

Und die gute Nachricht aus deutscher Sicht lautet: es kommt noch besser. Wenn am Samstag die Hauptrunde in Köln beginnt, werden noch einmal knapp 6000 Menschen mehr in der Halle sitzen. Die Spielstätte in Köln fasst 19.000 Besucher.

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