Home Sport „Für Uli Hoeneß gibt es dann Rotkäppchensekt“
Sport - 17.05.2019

„Für Uli Hoeneß gibt es dann Rotkäppchensekt“

Der Köpenicker Rapper Romano spricht im Interview über seine Heimat, die Gefahren des Erfolgs und Piccolos im Garten.

Romano, 42, Rapper aus Köpenick.

Romano, können Sie sich das vorstellen: Uli Hoeneß kommt mit dem FC Bayern zum Bundesligaspiel nach Köpenick?

Das ist schon alles sehr surreal. Ich glaube, ich muss mir bis dahin noch mal die Augen reiben. Ich würde ihm dann aber gerne mal einen Schwedeneisbecher spendieren – der ist mit Apfelmus und Eierlikör. Und dazu einen Rotkäppchensekt, halbtrocken. Den Champagner soll er mal schön in München lassen.

Gibt es in Köpenick gerade noch ein anderes Thema als Unions möglichen Aufstieg?

Bei den Fußballbegeisterten sowieso nicht – und auch für die anderen Leute hat das hier eine große Bedeutung. Ich meine, die müssen jetzt noch gegen Bochum fighten und wenn Paderborn einen schlechten Tag erwischt – dann geht’s ab in die Bundesliga! Das erste Mal! Das ist doch krass, oder? Dann kommen die Bayern, Schalke, der BVB! Ist irgendwie abgefahren, in unser kleines, süßes, beschauliches Köpenick.

Inwieweit färbt der Erfolg von Union auf den Stadtteil ab?

Du hast hier den Müggelsee, wo du zur Ruhe kommen kannst, du hast die Centerkultur, du hast die ganze Altstadt, Köpenick bietet so viel. Und da ist es natürlich toll, das hier neben diesen ganzen Facetten wie Natur und Kleinstadtflair auch erstklassiger Sport geboten wird – und bald noch öfter der Name Köpenick fällt, nicht nur in meinem Song.

2015 feierten Sie Ihren musikalischen Durchbruch. Auf Ihrem Song „Köpenick“, einer Art Ode an den Bezirk, in dem Sie von Geburt an wohnen, fällt dabei aber nicht einmal das Wort Union.

Ich erwähne auch in keiner Zeile den Hauptmann. Köpenick soll in dem Song ein Fantasieort sein, in dem du „Skifahren in den Bergen, Surfen am FKK“ kannst, und ich wollte ihn nicht spezifisch auf Personen oder Vereine festlegen. Meine Idee war: Ich trage Köpenick in mir – und überall da, wo ich bin, ist Köpenick, deswegen habe ich das Video auch in Los Angeles gedreht. Der Song läuft bei Union im Stadion, auf meinen Konzerten in Frankfurt oder Wien. Und das ist doch geil: Überall singen sie „Komm mit mir nach Köpenick“ – und die meisten mussten wahrscheinlich selbst erstmal googlen, wo das überhaupt ist.

Wie wurden Sie mit Union sozialisiert?

Köpenick war für mich immer auch Union, ganz klar, auch wenn ich selbst nie groß Fußball gespielt habe, das war eher mein Bruder. Durch ihn oder die Jungs in meiner Klasse hatte ich aber immer einen engen Draht. Ich erinnere mich noch an die Neunziger, da wurden hier die Pflastersteine rausgerissen bei den Spielen gegen den BFC. Oder später, als es dem Verein schlecht ging: „Bluten für Union“ – da standen sie am Bahnhof Köpenick und haben Geld gesammelt.

Ihr erster Besuch in der Alten Försterei?

Das war Anfang 2000 und dann immer mal wieder. Das ist schon was Besonderes für mich: Wenn du dann da stehst mit den Leuten und dich diese Energie einnimmt – einfach der Hammer.

In einem Interview mit der „taz“ haben Sie sich mal mit dem „Hauptmann von Köpenick“ vergleichen sollen und gesagt: „Ich empfand den Hauptmann immer als sehr charmant. Der hat einfach gesagt: Ich wage das jetzt mal. Das mache ich ja als Künstler auch so: Ich marschier einfach los.“ Macht das Union nicht eigentlich auch genau so?

Bisschen frechdachsmäßig, stimmt. Union hat für mich in der Zweiten Liga einfach Heldenstatus. Die haben sich nie die große Goldkette umgehängt und sich selbst abgefeiert, sondern machen seit Jahrzehnten einfach regional mit Teamgeist und Fankultur ihr Ding und kommen jetzt so durch die Hintertür: „Hey, hier sind wir“. Und viele so: „Wow, das hätten wir denen nie zugetraut, was ist denn jetzt plötzlich los?“

Geht dieses „Frechdachsmäßige“ mit einem Aufstieg womöglich verloren?

Union ist – genau wie St. Pauli – so ein regionalpatriotischer, geiler Verein, ich fand das schon immer besonders charmant. Und wenn es jetzt passiert mit dem Aufstieg, dann glaube ich nicht, dass Union dadurch dieses Charmante einbüßt. Die Fankultur ist da über Jahrzehnte gewachsen. Das ist der große Trumpf und ein ganz wichtiges Herzstück von Union. Deswegen gönne ich es den Jungs auch echt.

Sie kennen das selbst auch: lange Zeit ein Liebhabertipp und plötzlich in aller Munde. Was sind vielleicht die Gefahren für Union?

Man wird angreifbarer, ganz klar. Wenn der Erfolg kommt, wirst du für viele Menschen plötzlich sichtbar und viele Menschen haben plötzlich über dich eine Meinung. Und die ist ja meistens gar nicht zutreffend, weil die meisten Menschen haben mit dir ja noch nie einen Kaffee getrunken oder waren überhaupt mal bei einem Konzert. Aber diese Meinung wird in die Welt getragen – und die Frage ist dann: Wie geht man damit um? Auch Union kommt jetzt in einen Bereich, in dem es neue Herausforderungen geben kann, an denen man wachsen kann. Oder eben auch scheitern.

In vielen Vereinen regiert ja momentan vor allem der Protest gegen die Ausrichtung des eigenen Klubs.

Das ist ja immer die Gefahr, dass alles irgendwann nur noch so ein Geldbusinessding ist. Auch bei Union muss man dann gucken: Hier hast du die Fankultur – aber plötzlich kommen dann da auch ganz andere Summen ins Spiel. Das bietet dann immer ein gewisses Spannungspotenzial. Wichtig ist, dass der Kern nicht vergessen wird, dass man den Straßenbezug behält und die Bodenhaftung nicht verliert. Und wenn das nicht verloren geht, dann ist doch alles möglich.

Stellen wir uns das jetzt mal vor: Die Bayern müssen in der Bundesliga bald zweimal nach Berlin. Was empfehlen Sie den Auswärtsfans für ihre Reise nach Köpenick?

Nach so einer langen Anfahrt willst du vielleicht ein bisschen runterfahren und gönnst dir dann einfach Köpenick, genießt ein Stück heile Welt. Wenn du Action brauchst, gehst du in unser Center oder hängst davor ab, ansonsten guckst du dir das Schloss an, gehst mal in die Altstadt, schaust mal im Mellowpark vorbei, vielleicht ist da grad eine Jam.

Und wo kann man nach 17.15 Uhr den Frust über die Auswärtsniederlage wegsaufen?

Also, da kann man sich in Köpenick ganz gut vorarbeiten: Du gehst von der „Billardoase 2“ in den „Tröster“, danach kannst du in den „Hauptmann“ – und wenn’s dann immer noch nicht reicht, fährst du nach Friedrichshagen ins „Rabu“, das ist so ein Musikcafé, da arbeitet mein Superhomie Ahli und der macht Megacocktails.

Und wo feiert der Köpenicker den Derbysieg über Hertha?

Im Endeffekt kannst du doch überall feiern. Da lädst du ein paar Leute in deinen Garten ein, killst ein paar Pilsetten oder knallst dir ganz viele Rotkäppchen rein, die kannst du dir günstig irgendwo holen, die Piccolos.

Romano, Sie sind gelernter Mediengestalter: Was wäre ein passender Slogan für den Aufstieg von Union?

Honecker hat mal gesagt: Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Aber das werde ich jetzt mal nicht nehmen. Puh, gar nicht so einfach, da müsste ich jetzt erstmal überlegen.

Und Unions Maskottchen Ritter Keule – eine Identifikationsfigur für Köpenicker?

Ich finde den ganz süß. Aber ich hätte auch den Hauptmann geil gefunden. Wahrscheinlich sogar noch geiler.

Und was halten Sie von der Vereinshymne von Nina Hagen?

Finde ich gut. Ich mag Nina sehr, die ist ein Original und passt schon sehr dahin. Ich sag mal so, bei ihr fehlt ja hier und da auch mal eine Latte am Zaun, aber das macht sie ja auch so angenehm.

Ist Ihnen noch was eingefallen?

Also ich finde ja so einen Satz super, wie: Alles was du dir an Zielen steckst, kann in Erfüllung gehen. So nach dem Motto: Zweifle nicht, jeder Traum kann Wirklichkeit werden. (Überlegt) Wir leben unseren Traum! Das ist doch ein top Slogan für Union. Weil: Sie leben ja ihren Traum. Und das verdammt noch mal schon so viele Jahre und Jahrzehnte. Wir leben unseren Traum – ist ja auch mein Ding. Machen viel zu wenige.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

Jens Spahn reist in den Kosovo, um Pflegekräfte anzuwerben

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Im Kosovo und in Albanien sei die Pflegeausbildung b…