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Sport - 17.03.2019

Hertha BSC: Keine Angst vor großen Namen

Trainer Pal Dardai freut sich über die Leistung von Hertha BSC gegen Borussia Dortmund – und ärgert sich über die immer wiederkehrenden Fehler seines Teams.

Ab durch die Mitte. Davie Selke nimmt es mit zwei Dortmunder auf.

Es war wirklich fast ein Ding der Unmöglichkeit, sich – unabhängig vom Ergebnis – dem Zauber dieses Spiels zu entziehen. Auch dem Sprecher im ausverkauften Berliner Olympiastadion gelang das nur bedingt, als er kurz vor dem Schlusspfiff die ohnehin schon bekannte Zuschauerzahl offiziell verkündete und sich „bei allen 74.667 Minuten“ bedankte. Fabian von Wachsmann war nicht der Einzige, den man an diesem Abend wie von Sinnen erlebte: Pal Dardai tobte, Lucien Favre drehte sich jubelnd um sich selbst – und Vedad Ibisevic am Ende durch. „Das Spiel war verrückt“, sagte Favre, der Trainer von Borussia Dortmund.

Dieses Spiel zwischen Hertha BSC und Borussia Dortmund war ein Gesamtkunstwerk, wie es im Olympiastadion schon seit Jahren nicht mehr zu sehen war – zumindest nicht, wenn Hertha beteiligt war. „Selbst Dortmund war überrascht, was Hertha drauf hat“, sagte Trainer Dardai. Das Spiel hatte Tempo, Spannung und spielerische Klasse, eine ungewohnt hohe Ereignisdichte und vor allem ein Finale, das mit furios noch eher nüchtern umschrieben wäre: In der 85. Minute sah Herthas Verteidiger Jordan Torunarigha Gelb-Rot, in der zweiten Minute der Nachspielzeit erzielte Marco Reus das Tor zum 3:2-Endstand für die Dortmunder, und in der fünften Minute der Nachspielzeit flog Herthas Kapitän Vedad Ibisevic mit Rot vom Platz, nachdem er Roman Bürki einen überschüssigen Ball an die Schläfe geworfen hatte. „Jeder, der mal Fußball gespielt hat, weiß, was das für eine scheiß Situation ist, wenn du in der 90. Minute so ein scheiß Gegentor kassierst“, sagte Herthas Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt.

Salomon Kalou steht sinnbildlich für Hertha

Das Spiel ließ die Berliner mit gemischten Gefühlen zurück. „Wir haben einen guten Plan gehabt und den Gegner überrascht“, sagte Dardai. Und der Gegner war immerhin nicht irgendwer, sondern der Tabellenzweite Borussia Dortmund. Trotzdem verbarrikadierte sich Hertha nicht etwa rund um den eigenen Strafraum. Die Berliner waren jederzeit um aktive Spielgestaltung bemüht, sie waren dominant und stets gefährlich. „Du siehst die erste Halbzeit, und du denkst, du hättest mehr verdient“, sagte Salomon Kalou, der Hertha mit 1:0 und 2:1 in Führung geschossen hatte.

Der Ivorer steht geradezu sinnbildlich für die Mannschaft in ihrer aktuellen Entwicklungsphase. Kalou ist 33, und in Spielen gegen Mainz oder Freiburg hat man manchmal das Gefühl, dass sich seine Karriere jetzt wohl doch unweigerlich ihrem Ende zuneigt. Gegen die Großen der Liga aber ist er stets in der Lage, sich noch einmal zu straffen – genauso wie das gesamte Team. Fünf Tore hat Kalou in dieser Saison erzielt: vier in den beiden Spielen gegen Borussia Dortmund, das fünfte gegen den damaligen Tabellenzweiten Borussia Mönchengladbach. „Das ist die Kunst: nicht im Training zehn Tore schießen, sondern unter Druck“, sagte Dardai. „Salomon ist so ein Typ. In solchen Momenten ist er immer da, er hilft uns in schwierigen Situationen. Das schätze ich.“

Genau diese Qualität geht der Mannschaft als Ganzes noch ab. „Wir müssen uns noch mehr wehren, um das zu lernen. Das ist der nächste Schritt“, sagte Dardai. Weil das zuletzt mehrmals nicht gelungen ist, fällt es ihm auch zunehmend schwerer, die an sich erfreuliche Entwicklung uneingeschränkt zu genießen. In seine Äußerungen mischte sich auch am Samstagabend eine Spur Bitternis. Abgefälschte Bälle, Freistoßgegentore in letzter Sekunde, Treffer nach Ecken. „Es kann nicht sein, dass du immer Pech und Unglück hast“, sagte Dardai. „Das dreht sich.“

„Die Mannschaft kannst du dir anschauen“

Der Ungar hat schon häufiger den Prozess gelobt, den er mit seinem Amtsantritt vor vier Jahren angestoßen hat. Herthas Kader ist heute ein anderer als im Frühjahr 2015: Er ist jung und dynamisch und verfügt über viel Potenzial. „Die Mannschaft kannst du dir anschauen“, sagte Dardai. „Das ist ordentlicher Fußball. Ganz anders als vor drei, vier Jahren. Aber die Punkte sind weg. Das ist nicht schön zu reden.“

Deshalb sind solche Spiele wie gegen Dortmund gerade für den Trainer ein Stück weit frustrierend: „Du bist da, der Plan sitzt, taktisch sieht es auch gut aus“, sagte Dardai, aber am Ende steht Hertha wieder einmal als Verlierer da. Immer wieder leisteten sich seine Spieler „diese jugendlichen kleinen individuellen Fehler. Deswegen sind wir nicht konstant.“

Dardai hat festgestellt, dass die Spiele in der Europa League gerade für die jungen Spieler eine gute Schule waren. Allerdings sieht es im Moment nicht danach aus, als könnte es in der kommenden Saison wieder Nachhilfestunden für Hertha geben. „Der Euro-League-Platz ist erst einmal weit weg“, sagte Dardai. Kalou hält die Qualifikation nach der Niederlage gegen Dortmund für „fast unmöglich“. Dazu müsste die Mannschaft fast jedes Spiel gewinnen. Dardai will aus den letzten acht Spielen noch mindestens neun Punkte holen. Dann wären es 20 in der Rückrunde: „Dadurch dass die Berliner Medien uns seit Jahren mit der schlechten Rückrunde belasten, wäre das schon ein Ziel.“

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