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Sport - 12.05.2019

„Jetzt hast du etwas zu verlieren“

Der ehemalige Torwart des 1. FC Union über das wichtige Duell seiner Ex-Klubs am Sonntag, über Druck im Aufstiegskampf und Terminprobleme.

Jan Glinker, 35 , spielte von 2001 bis 2014 für den 1. FC Union und danach vier Jahre in Magdeburg. Seit einem Jahr steht er beim…

Herr Glinker, am Sonntag spielen mit Union und Magdeburg ihre ehemaligen Vereine gegeneinander. Haben Sie schon dafür gesorgt, dass im Vereinsheim ihres aktuellen Klubs Wacker Nordhausen der richtige Sender eingeschaltet wird?

Nein, noch nicht. Aber wir haben ja selbst ein Spiel und bis wir fertig sind, sind Union und Magdeburg auch schon durch.

Sie spielen um 13.30 Uhr, bei Union ist erst um 15.30 Uhr Anpfiff.

Ach ja, stimmt. Dann kann ich vielleicht doch noch was sehen vom Spiel.

Das Hinspiel in Magdeburg konnten Sie aufgrund der Vereins-Weihnachtsfeier auch schon nicht im Stadion verfolgen. Es soll wohl nicht sein in dieser Saison.

Ja, das ist ziemlich unglücklich. Ich hatte schon Karten und meine Eltern kommen auch zu Union ins Stadion, aber bei mir geht das eigene Spiel vor.

Beide Teams brauchen dringend einen Sieg – Union im Aufstiegskampf, Magdeburg um den Abstieg zu verhindern. Wem drücken Sie die Daumen?

Die Frage wurde mir schon häufiger gestellt, da möchte mich aber gar nicht festlegen. Beide brauchen die Punkte, ich tippe ehrlich gesagt auf ein Unentschieden.

Was für ein Spiel erwarten Sie am Sonntag?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Magdeburg anfangs viel nach vorne machen wird – dafür ist Union auch zu stark. Die werden auf ihre Chancen lauern. Wenn es lange 0:0 steht, werden sie aber bestimmt frecher.

Am vergangenen Spieltag haben oben bis auf Köln alle Teams gepatzt. Sie waren schon mehrfach im Aufstiegskampf. Was macht diese Situation so schwierig?

Bisher war es für die Unioner in dieser Saison eigentlich so: Sie spielen oben mit, aber die einzelnen Spiele waren noch nicht so entscheidend, der Aufstieg war noch nicht so greifbar. Jetzt hast du als Spieler zum ersten Mal richtig was zu verlieren. Da ist der Druck enorm. Das gilt natürlich auch für den HSV. Paderborn hat es am einfachsten, die hatte keiner auf dem Schirm, die müssen nicht aufsteigen.

In den vergangenen Wochen gab es aufgrund der Ergebnisse einige Kritik. Wie bewerten Sie Unions bisherige Saison?

Wir müssen die Kirche mal im Dorf lassen. Union ist zwei Spieltage vor Schluss Dritter. In dieser Liga verliert jeder mal ein Spiel und da sollte man die Saison nicht gleich schlecht reden.

Ihr Aufstieg mit Union in die Zweite Liga hat sich vor wenigen Tagen zum zehnten Mal gejährt. Haben Sie damals in der entscheidenden Phase auch so eine Last gespürt?

Das war eine andere Situation. Unser Ziel war ja eigentlich nur der Klassenerhalt und dann haben wir so eine gute Saison gespielt. Deshalb empfand ich den Druck gar nicht als schlimm. Wir hatten auf den Zweiten immer das nötige Polster und so richtig eng wurde es gar nicht. Als wir es dann klarmachen konnten, war natürlich eine Anspannung da. Das war aber eher eine Art Vorfreude.

Haben Sie noch besondere Erinnerungen an die Aufstiegsfeier?

Natürlich. Ich habe mir gerade erst ein Video von damals angeschaut. Wie wir damals aber vom Jahn-Sportpark, wo wir gespielt haben, mit einem Autokorso zurück zur Försterei gefahren sind, das war schon sensationell, einfach unfassbar. Aber ich denke, wenn Union in die Bundesliga aufsteigen würde, wäre es sicherlich weitaus schlimmer (lacht).

Hätten Sie sich 2001, als Sie zu Union gekommen sind, vorstellen können, dass der Verein mal solch eine Entwicklung nimmt?

Sportlich schon. Damals war Union in der Zweiten Liga und ist erst danach in die Oberliga abgestiegen. Von daher wusste man ja, wo man herkommt und wo die Reise hingehen kann. Seitdem Dirk Zingler im Amt ist, hat sich der Verein Jahr für Jahr entwickelt. Auch wenn es dieses Jahr nicht klappen sollte, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Union in die Bundesliga aufsteigt.

Und infrastrukturell?

Da hat sich sehr viel getan. Damals haben wir noch in Containern gewohnt, jetzt gibt es die Haupttribüne mit den Kabinen, die schon erstligareif sind. Da kann man wirklich nicht meckern und ich denke, die Entwicklung ist noch nicht am Ende.

Wie viel Kontakt haben Sie denn noch zu Union?

Das ist mit den Jahren echt wenig geworden. Aus der Mannschaft sind ja nur noch Micha Parensen und ein paar Physios übrig. Aber natürlich verfolge ich immer noch, was bei Union los ist.

Ihre erste Saison bei Nordhausen in der Regionalliga geht gerade zu Ende. Fehlt Ihnen die besondere Atmosphäre, die bei Union oder Magdeburg im Stadion herrscht?

Auf der einen Seite schon, ganz klar. Jeder Spieler ist glücklich, vor so vielen Zuschauern spielen zu können. Aber auf der anderen Seite habe ich jahrelang in großen Stadien gespielt, da ist es auch nicht schlimm, dass es jetzt etwas ruhiger ist. Solange ich Spaß am Fußball habe, ist das für mich nur zweitrangig.

Könnten Sie sich vorstellen, nach dem Karriereende zu Union oder Magdeburg zurückzukehren?

Wenn ich gesund bleibe, möchte ich schon noch ein bisschen weiterspielen. Nebenbei will ich aber schon meinen Torwarttrainerschein machen und es wäre optimal, wenn ich bei einem dieser Kultklubs einsteigen könnte – auch wenn es auch erst mal nur im Nachwuchs wäre. Ich habe 13 Jahre bei Union gespielt, bin Berliner, da wäre das natürlich ein Traum.

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