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Sport - 09.02.2019

Lust und Frust beim DFB

Der DFB hat mit Lustreisen und privaten Partys offenbar seinen gemeinnützigen Status gefährdet. Jetzt bezieht er Stellung zu den Vorwürfen.

Die damaligen DFB-Mitglieder Peter Peters, Rainer Koch, Wolfgang Niersbach und Helmut Sandrock mit Ligapräsident Reinhard Rauball…

Es ist eine seltsame Begrifflichkeit, die alles und nichts bedeuten kann. Lustreise: Was soll das schon sein? Ausschweifende auswärtige Partys mit Alkoholexzessen und Prostituierten oder vielleicht auch schon ein gemütliches Beisammensein in einem netten Restaurant? Eine größere Allgemeinheit hat von sogenannten Lustreisen gehört, als bekannt wurde, wie verdiente Mitarbeiter von Versicherungen sich auf Unternehmenskosten vergnügten  – mit Hostessen und allem drum und dran. Das war ein Skandal seinerzeit, überraschte aber nicht so viele Menschen, weil die Branche ohnehin nicht den besten Ruf genießt.

Dass aber jetzt auch der größte Einzelsportverband der Welt so manche „Lustreise“ unternommen haben soll, das ist eine andere Kategorie. Denn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist kein privatwirtschaftliches Unternehmen, sondern gemeinnützig und somit steuerbegünstigt. Damit das nicht falsch verstanden wird: In diesem Fall geht es nicht um Prostituiertenpartys, jedenfalls soweit das bislang bekannt ist. Recherchen des „Spiegel“ legen aber nahe, dass der Verband mit jahrelang eben genau jene Gemeinnützigkeit mit anderen Gelagen aufs Spiel gesetzt hat. Mit privaten Partys, Prassereien und Präsidiumssitzungen am Ende der Welt zum Beispiel.

Nach Informationen des „Spiegel“ soll der DFB während der WM 2014 in Brasilien für eine vor Ort abgehaltene Präsidiumssitzung ganze 370.848 Euro ausgegeben haben. Der Verband hat die Summe inzwischen in einer auf der Hompeage veröffentlichten Stellungnahme selbst korrigiert – auf 287.304, 35 Euro. „Unter Einbeziehung aller darin enthaltenen Kosten, Hotelbuchungen, Flüge und der besonderen Konstellation WM-Finale.“ Versteht sich.

Zuvor hatte der DFB in einer ersten Stellungnahme betont, dass „die internationale Vertretung, die Organisation eines inhaltlichen Austauschs mit Vertretern anderer internationaler Fußballverbände und das intensive soziale und gesellschaftspolitische Engagement“ zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Präsidiums gehören würden. Die herrschende Praxis sei bereits früher eng durch die internen Steuerfachleute sowie die externen Steuerberater begleitet worden.

Champagner und Wodka

Der Spiegel beruft sich auf ein streng vertraulichen Dokument des früheren DFB-Finanzdirektors Ulrich Bergmoser, der einen 34 Seiten langen Bericht mit mehreren Vorgängen verfasst haben soll. Es ist neben der Brasilien-.Reise auch von einem Umtrunk im Oktober 2016 in München die Rede, an dem auch der damalige Sportdirektor Hansi Flick und Joti Chatzialexiou, der heutige sportliche Leiter der deutschen Nationalmannschaften, teilgenommen haben sollen. Dabei seien mehr als 1000 Euro an Bewirtungskosten entstanden – unter anderem für Champagner und Wodka. Nach Angaben des DFB wurde der Vorgang Bergmoser zur Bewertung vorgelegt: „Nach Prüfung kam man zu dem Ergebnis letztmalig von der Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen gegenüber den betreffenden Mitarbeitern abzusehen.“
Auch die nach „Spiegel“-Informationen entstandenen Kosten von mehr als 4500 Euro für ein Zusammentreffen von Schiedsrichtern, Trainern und Funktionären in Düsseldorf im Rahmen eines U-18-Sichtungsturniers verstießen laut Verband ebenfalls nicht gegen die damals geltenden Richtlinien. Die Bewirtungskosten hätten 60 Euro pro Person für Mahlzeit und Getränke nicht überstiegen, hieß es in der Stellungnahme des Verbandes. Insgesamt hätten 90 Personen an dem Treffen teilgenommen. „Unabhängig davon wurden die einschlägigen Regelungen des DFB seitdem noch einmal verschärft“, hieß es. „So sind aktuell nur noch Kosten für nicht alkoholische Getränke sowie Bier und Wein erstattungsfähig.“

20.000 Euro für einen 90. Geburtstag

Bergmoser monierte in seinem internen Dokument zudem finanzielle Beihilfen des Verbandes zu Privatfeiern. Einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO zufolge sponserte der DFB 2015 den 90. Geburtstag seines Ehrenpräsidenten Egidius Braun mit 20.000 Euro. Zwei Jahre zuvor beteiligte er sich mit 13 000 Euro an einer Feier des Westdeutschen Fußballverbandes zum 70. Geburtstag dessen Präsidenten Hermann Korfmacher. Die Wirtschaftsprüfer hätten dem Verband daher Anfang 2018 dazu geraten, künftig kein Geld mehr für Privatfeiern auszugeben, weil dies wegen „Mittelfehlverwendung“ die Gemeinnützigkeit kosten könne.

Der DFB dementierte diese Zahlen nicht, betonte aber, dass niemals Geld an Privatpersonen geflossen sei. Es handele sich vielmehr um Zuschüsse für offizielle Empfänge. Die BDO sei bei ihrer Empfehlung unzutreffenderweise davon ausgegangen, dass die Zuschüsse unmittelbar an die Präsidiumsmitglieder gezahlt worden seien, heißt es vom Verband. Über die einzelnen Sachverhalte sei das DFB-Präsidium am 9. März 2018 vollumfänglich informiert worden. Im Zusammenhang mit in der Vergangenheit auffällig hohen Bewirtungskosten verwies der DFB auf neue Verhaltensrichtlinien, die Anfang 2018 in Kraft traten. „Bei Verstößen werden entsprechende Erstattungsansprüche geltend gemacht“, beschrieb der Verband die neue Vorgehensweise. (mit dpa)

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