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Sport - 09.12.2018

Marko Grujic: Einer wie keiner

Gegen Eintracht Frankfurt hat Marko Grujic sein ersten Tor für Hertha BSC erzielt. Aber nicht nur deshalb wird er bei den Berlinern über alle Maßen geschätzt.

Im Licht. Marko Grujic bekommt im Moment viel Applaus für seine Auftritte.

Marko Grujic orientierte sich zunächst nach rechts Richtung Ersatzbank, schlug dann den Weg nach links ein und lief nach einer scharfen Kurve hinter der Bande auf die Ostkurve im Olympiastadion zu. Das nur als Service für – Marko Grujic. Wenn man seinen Worten glauben durfte, war all das, was am Samstagabend um kurz nach sieben geschah, im Nebel seiner Erinnerung verschwunden. „Es war ein besonderer Moment für mich“, sagte der Mittelfeldspieler von Hertha BSC. „Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte. Die Gefühle haben verrückt gespielt.“

Um ihn zu beruhigen: Nach dem kurzen Moment der Orientierungslosigkeit – nach rechts oder nach links? – machte er mit dem Lauf zu den eigenen Fans intuitiv alles richtig. Aber das ist im Zusammenhang mit Marko Grujic keine ungewöhnliche Erkenntnis. „Er hat eine natürliche Begabung“, sagte Herthas Manager Michael Preetz. „Er steht instinktiv richtig.“

Das galt für Grujic am Samstag, beim 1:0-Sieg der Berliner gegen Eintracht Frankfurt, nicht nur für die 40. Minute, als Marvin Plattenhardt eine Ecke in den Strafraum schlug und der Serbe per Kopf zur Führung für sein Team traf. Es war sein erstes Saisontor, sein erstes Tor für Hertha und sein erstes Tor in der Fußball-Bundesliga. Kein Wunder, dass Grujic in der Folge im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand. „Er hat nicht nur wegen seines Tors den Unterschied ausgemacht“, sagte Trainer Pal Dardai am Tag danach. „Er macht auch für unsere Spielweise den Unterschied: Er ist präsent in der Mitte, kopfballstark, sowohl defensiv wie offensiv. Er hat einen guten Schuss, ist zweikampfstark und begeht im richtigen Moment taktische Fouls.“ Handlungsschnelligkeit, Spielverständnis, Siegeswillen – „Respekt! Ich bin sehr zufrieden mit ihm“, sagte der Ungar.

Grujic ist nur für ein Jahr ausgeliehen

Ende August haben die Berliner den 22 Jahre alten Grujic für eine Saison vom Champions-League-Finalisten FC Liverpool ausgeliehen. Schon jetzt besitzt er nicht nur einen unglaublichen Wert für das Team, sondern auch ein hohes Standing bei seinen Kollegen. „Man spricht immer von kompletten Spielern“, sagte Innenverteidiger Fabian Lustenberger, der früher selbst im Mittelfeld unterwegs war. „Marko bringt sehr viel mit, was man als zentraler Mittelfeldspieler braucht. Er hat alles: offensive Qualität, defensive Stabilität, Kopfballspiel, fußballerische Elemente. Ich bin froh, dass er bei uns ist.“

Grujic macht Hertha besser. Mit ihm ist die Mannschaft noch ungeschlagen; verloren hat sie nur in der Zeit, in der er wegen einer Sprunggelenksverletzung fehlte. „Es ist nicht normal, dass so ein großer Spieler auch so gut kicken kann“, sagte Dardai. Der positive Effekt des Serben auf Herthas Abschneiden lässt sich auch statistisch zweifelsfrei belegen. Wenn Grujic bei den Berlinern in der Startelf stand, holten sie im Schnitt doppelt so viele Punkte wie ohne ihn. In den sechs Begegnungen, in denen der Serbe von Anfang an spielte, gelangen Hertha vier Siege und zwei Unentschieden (2,3 Punkte pro Spiel); von den acht Begegnungen ohne ihn verlor das Team immerhin drei (1,1 Punkte pro Spiel).

Dabei ist er nach seiner Verletzungspause noch nicht mal richtig fit. Herthas Manager Preetz sieht den serbischen Nationalspieler erst bei 70, 75 Prozent seiner körperlichen Leistungsfähigkeit. „Mal sehen, was er zeigt, wenn er fit ist“, sagte Trainer Dardai. „Dann erwarte ich von ihm noch weitere Abschlüsse, weil er von 16er zu 16er marschieren kann. Er ist auch torgefährlich.“

„Der beste Mittelfeldspieler, den Hertha je hatte“

Dardai wurde in der Pressekonferenz nach dem Spiel gefragt, wie groß denn seine Hoffnung sei, dass Grujic über den Sommer hinaus in Berlin bleibe. „Es ist sehr schwierig, darüber zu reden, wie lange er bei uns bleiben wird. Uns sind die Hände gebunden“, sagte Dardai. „Aber der Manager wird sicherlich alles dafür tun.“ Der Manager – Michael Preetz – lehnte derweil seitlich an der Wand und zwang sich ein müdes Lächeln ab. „Wir sollten uns erst mal freuen, dass er überhaupt eine Saison bei uns spielt“, sagte er später. Denn wenn Grujic so weiter macht wie bisher, gibt es für die Liverpooler nur einen Grund, ihn im Sommer nicht zurückzubeordern – weil sie im Mittelfeld über noch bessere Spieler verfügen. Sollten die Engländer ihn dann verkaufen wollen, würde sich der Preis in Dimensionen bewegen, die für Hertha utopisch wären; sollte der FC Liverpool jedoch weiter Zugriff auf ihn haben wollen, könnte er ihn tatsächlich noch einmal für ein Jahr nach Berlin verleihen.

Grujic selbst scheint dieser Variante nicht abgeneigt zu sein. Dardai berichtete, dass er sich sehr wohl fühle und auch die Mannschaft ihn sehr gut aufgenommen habe. „Das einzige kleine Problem ist: Mein Deutsch ist nicht das Beste“, sagte der Serbe. Deshalb könne er mit dem Trainer nicht so viel reden. „Aber ich habe in den Zeitungen gelesen, was er über mich gesagt hat. Darüber bin ich sehr glücklich.“

Warum sich der FC Liverpool nicht auf einen Deal mit Kaufoption für Grujic eingelassen hat, dürfte inzwischen jedem einleuchten. Und trotzdem: Einen Spieler dieser Qualität hat Hertha lange gesucht – den lässt man nur höchst ungern wieder ziehen. „Vielleicht gehört er irgendwann zu uns. Das wäre schön“, sagte Dardai. „Ich bin jetzt 22 Jahre hier und will niemanden beleidigen, aber ich glaube, so einen Mittelfeldspieler hat Hertha BSC noch nie gehabt. Das ist so.“
Michael Preetz brachte den Namen Marcelinho ins Spiel. Der sei noch eine andere Kategorie gewesen, „aber vielleicht kann sich Pal nicht mehr an den erinnern“, sagte Herthas Manager. Doch kann er: „Marcelinho war Angreifer, kein Mittelfeldspieler.“

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