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Sport - 16.11.2018

Rummel mit Verspätung

Wayne Rooney wirkt wie aus der Zeit gefallen als er am Donnerstag ein letztes Mal für die englische Fußball-Nationalmannschaft spielen darf.

Tränen in den Augen. Wayne Rooney.

32 Spielminuten waren noch übrig in einem an sich belanglosen Testspiel gegen die USA. England führte bereits 2:0 gegen die USA. Doch natürlich nicht aus diesem Grund erhoben sich am Donnerstagabend die 68.155 Zuschauer im Wembley-Stadion: Wayne Rooney kam, um zu gehen. Nach seiner Einwechslung in der 58. Spielminute nahm Rooney, 33 Jahre alt, offiziell Abschied von der englischen Nationalmannschaft.

Wayne Rooney ist zwar nicht besonders groß, aber trotz seiner 1,76 Meter eine große Erscheinung. Es ist dieses kantige Gesicht, dieser Bulle von Mann hat diesen Ärmel-hoch-Ausdruck, er trug von Anfang an in seiner Karriere das Versprechen auf dem Buckel, dass sich England mit ihm schon irgendwie und irgendwann nach oben boxen würde. Aber die Last war wohl zu groß. Am Donnerstag hat Wayne Rooney offiziell Abschied genommen von seinem Nationalteam, das er letztlich nie so recht führen konnte. Es passte zu dieser etwas krummen Karriere, dass Länderspiel Nummer 120 geschenkt war.

Es machte das Gerücht die Runde, dass der englische Verband das Abschiedsspiel angeordnet habe. Denn Gareth Southgate hatte ja das Ende der Nationalmannschaftskarriere von Wayne Rooney zu verantworten, er hatte den Kapitän aus dem Kader gestrichen, in dem Vorhaben eine neue Zeit einzuleiten. Rooney passte nicht in Southgates Konzept, das England bei der WM in diesem Jahr immerhin bis ins Halbfinale gebracht hat. Zur einmaligen Rückkehr Rooney nach 14 Monaten Abstinenz vom Nationalteam sagte Southgate, das sei „etwas Besonderes, weil es ein Tribut und eine Anerkennung ist, keine Nominierung“. Vor dem Spiel am Donnerstag hatte Rooney dann auch Southgate artig gelobt für dessen furchtlose Förderung des Nachwuchses. Als die englischen Youngster den Gegner USA in der ersten Halbzeit an die Wand spielten, applaudierte Rooney im Leibchen am Spielfeldrand lächelnd. In der Sturmphase der ersten Halbzeit hätte er in diese Mannschaft nicht hereingepasst.

Wayne Rooney selbst war sehr jung als er sein Debüt für die Engländer gab, mit 17 Jahren hatte er im Februar 2003 sein erstes Spiel – damals wurde er in einem Test gegen Australien eingewechselt. Sein erstes Spiel in der Premier League hatte er sogar schon mit 16 Jahren hinter sich gebracht, beim FC Everton. Sein erstes Tor schoss er am 19. Oktober 2002 zum 2:1 gegen den FC Arsenal, fünf Tage vor seinem 17. Geburtstag. Es war das Siegtor für den Klub aus Liverpool, dank Rooney war der Tabellenführer geschlagen. Rooney kommt aus Liverpool, stammt aus dem Vorort „Croxteth“, den sie an der Mersey „Crocky“ nennen. In jüngster Zeit ist Croxteth vor allem durch gewalttätige Jugendgangs bekannt geworden. Seine heutige Frau hat Rooney damals dort schon kennengelernt. Rooney hat sich seine Herkunft eintätowiert, mit dem Schriftzug: „Just enough education to perform“. Eben gerade genug erzogen, um zu funktionieren. Sein Vater war Preisboxer.

Zum Stadion des FC Everton sind es von Croxeth nur rund drei Meilen – zu dem des FC Liverpool allerdings auch nur. Ein Wechsel vom FC Liverpool zum verhassten Konkurrenten Manchester United hätten sie ihm bestimmt übel genommen damals. Wobei er sich gegenüber Everton auch nicht immer glücklich verhielt – nach einem mit Gelb bestraften Foul küsste er in einem Ligaspiel im Jahr 2008 vor den Fans seines ehemaligen Klubs das Man-U-Wappen auf seinem Trikot und wurde von seinem damaligen Trainer Alex Ferguson ausgewechselt.

Wayne Rooney hat gesagt, dass er vor einem Jahr Manchester United „zur richtigen Zeit“ verlassen habe – „auch wenn ich Manchester United vermisse und gerne dort meine Karriere beendet hätte“. Nach 559 Spielen für den Klub aus der Premier League zwischen 2004 und 2017 war es eine gute Zeit, um dann die Laufbahn in der nordamerikanischen Fußball-Show-Liga MLS austrudeln zu lassen, dort spielt Rooney nun bei DC United. Sein jüngerer Bruder John ist übrigens den anderen Weg gegangen, er spielte früher in der MLS und ist nun nur noch beim unterklassigen Klub FC Chester aktiv.

In der Nationalmannschaft war Rooney schon 2004 mit 18 Jahren eine treibende Kraft und auf englischer Seite das, was Cristiano Ronaldo bei den Portugiesen war. Beide spielten damals im Klub für Manchester United und aus Rooneys Perspektive endeten die Begegnungen mit dem Klubkameraden international jeweils sehr trübe: Im Viertelfinale 2004 schoss er das 1:0 gegen die Portugiesen und verletzte sich dann aber schon in der ersten Halbzeit und schied aus: England verlor schließlich nach Elfmeterschießen.

Zwei Mal verbaute ihm Ronaldo den Weg zu einem Erfolg bei einem großen Turnier

2006, im WM-Viertelfinale gegen Portugal, sah Rooney nach einem Tritt gegen Ricardo Carvalho Rot – in jeder Hinsicht. Nach Englands Ausscheiden in Hamburg – wieder im Elfmeterschießen – soll Rooney laut „Sun“ gesagt haben: „Wenn ich Ronaldo das nächste Mal sehe, breche ich ihn in zwei Teile.“ Aber sie rauften sich danach wieder zusammen. Auch wenn sich ihre Wege dann trennten. Ronaldo wurde bei Real ein Superstar und schließlich Europameister mit Portugal und ist immer noch im hohen Alter eine Größe bei Juventus Turin in Italiens Serie A und nicht bei einem Klub in der MLS – obwohl er ein halbes Jahr älter ist als Ronaldo. Rooney dagegen blieb ein Superstar in England und war – trotz 53 Toren im Nationalteam – auf Länderspielebene eher eine kleine Nummer unter den Großen. Und einer, der nicht der allerhellste Kopf zu sein schien. Auch mit 22 Jahren kannte er den Text der Nationalhymne noch nicht. Und dann war er auch – mehr am Anfang seiner Karriere – immer für ein Skandälchen gut.

Wohl auch daher waren nicht alle Freund des inszenierten Abschieds von Wembley. Der frühere Nationaltorhüter Peter Shilton, mit 125 Einsätzen immer noch Englands Rekordspieler, hatte gesagt: „Ich finde nicht, dass man Länderspieleinsätze wie Geschenke vergeben sollte.“ Rooney hatte daraufhin geantwortet: „Wenn ich Peter Shilton mit diesem Spiel den Rekord nehmen würde, hätte ich niemals zugesagt zu spielen.“

Wayne Rooneys bester Mitspieler im Nationalteam war Michael Owen, aber der hat schon vor zehn Jahren seine Karriere im Nationalteam beendet. In Anlehnung an die Generation vor Owen hatte Wayne Rooney auch seinen Spitznamen „Wazza“ erhalten, Paul Gascoigne, vor 20 Jahren aus dem Nationalteam verabschiedet, hieß schließlich „Gazza“. Wie Gascoigne wusste Rooney, obwohl klobig wirkend, wie er mit dem Ball umgehen muss.

Aber Owen und Gascoigne stammen aus ganz anderen Phasen des Nationalteams. Und auch Rooneys Zeit ist vorbei, das wurde am Donnerstag im Spiel deutlich. Bei Callum Wilsons Tor zum 3:0 stand er immerhin in der Nähe und umarmte den Torschützen schließlich als Erster. In der Nachspielzeit gelang ihm sogar noch ein Torschuss, bevor der dann Trainer Southgate umarmte und den Fans im Stadion applaudiert, mit Tränen in den Augen. Wayne Rooney war immer weicher als er wirkte.

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