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Sport - 19.05.2019

Und wieder grüßt das Kieler Murmeltier

Die Füchse zeigen beim Finalturnier um den EHF-Pokal, was mit ihrem Kader in dieser Saison möglich gewesen wäre. Entsprechend groß war der Frust.

Gefrustet. Berlins Jakov Gojun (l.) wird von Manager Bob Hanning getröstet.

Mit Kritik hat sich Bob Hanning zuletzt wirklich nicht zurückgehalten. Im Verlauf der Saison zählte der Manager der Füchse Berlin einige Spieler öffentlich an: von Abwehrchef Jakov Gojun über Kreisläufer Erik Schmidt bis hin zu vermeintlich unantastbaren Profis wie Nationaltorhüter Silvio Heinevetter. Irgendwann bekamen alle ihr Fett weg.

Umso erstaunlicher reagierte Hanning am späten Samstagabend nach der Niederlage der Füchse im Endspiel um den EHF-Pokal gegen den ausrichtenden THW Kiel (22:26). Die Schlusssirene in der Ostseehalle war gerade ertönt, als der Manager aufs Parkett ging, um Trost zu spenden; ihm folgten Sportkoordinator Volker Zerbe und Vereinspräsident Frank Steffel. Sie verteilten Schulterklopfer, Umarmungen und aufmunternde Worte. „Kämpferisch und emotional war das erstklassig von unserer Mannschaft“, sagte Hanning wenig später, „da gibt es gar nichts auszusetzen.“

Die Szenen kurz nach Abpfiff passten zum Bild, das die Berliner beim Finalwochenende in Schleswig-Holstein abgaben. Mit geschlossenen, leidenschaftlichen Auftritten zerstreuten sie den Eindruck, den man in den vergangenen Wochen und Monaten hin und wieder gewinnen konnte: dass sie sich nämlich intern nicht immer grün waren.

Die Leistung der Mannschaft von Trainer Velimir Petkovic an beiden Turniertagen verleitete jedenfalls zu naheliegenden Gedankenspielen: Was hätten die Berliner in dieser Spielzeit alles erreichen können, wenn der von Verletzungen und Rückschlägen geplagte Kader nur dauerhaft vollzählig, motiviert und halbwegs ausgeruht beisammen gewesen wäre?

Paul Drux spielte ein starkes Wochenende

„Wir haben nicht viel falsch gemacht an diesen beiden Tagen“, sagte Coach Petkovic. „Ich bin stolz auf meine Mannschaft, sie hat sich wirklich teuer verkauft“, ergänzte er. Sowohl im Halbfinale gegen den FC Porto als auch im Endspiel gegen den Favoriten und späteren Titelträger aus Kiel ließ sich beobachten, welch begnadete Handballer im Füchse-Aufgebot zu finden sind.

Paul Drux etwa spielte ein starkes Wochenende; der 24-Jährige führte das Team an, er übernahm Verantwortung und warf sich auf Kosten seiner körperlichen Unversehrtheit in jede noch so kleine Lücke. Mattias Zachrisson erbrachte zum wiederholten Mal den Nachweis, dass man die sportliche Klasse des kleinen Schweden keinesfalls aus seiner überschaubaren Körpergröße ableiten sollte.

Und Bjarki Elisson spielte und traf auf Linksaußen so abgezockt, dass die Frage erlaubt sein muss, warum der am Saisonende auslaufende Vertrag des Isländers nicht verlängert worden ist. Ganz zu schweigen von Torhüter Silvio Heinevetter, der Hannings jüngste Kritik entkräftete: Nach Bekanntgabe seines Wechsels zur MT Melsungen im Sommer 2020 hatte der Manager sinngemäß behauptet, Heinevetter habe seit einiger Zeit kein großes Spiel mehr im Berliner Torwart-Pullover bestritten.

Füchse können gegen Kiel nicht gewinnen

„Wir waren richtig gut drauf“, analysierte Kapitän Hans Lindberg, „aber dafür können wir uns jetzt auch nichts mehr kaufen, weil wir einfach zu viel verballert haben.“ Gerade im Endspiel zeigten die Füchse Nerven beim Torabschluss und scheiterten immer wieder an Kiels herausragendem Schlussmann Niklas Landin. Lindberg selbst nahm sich von dieser Kritik nicht aus: Auch der 38-Jährige hatte ein ungewohnt zittriges Händchen – und obendrein Pech in einigen Situationen. Allein im Endspiel sprangen vier Würfe Lindbergs an den Innenpfosten und von dort zurück ins Feld.

Entsprechend groß war der Frust im Berliner Lager nach der Finalniederlage. „Ich habe die Schnauze voll davon, immer gegen Kiel zu verlieren“, sagte Linksaußen Bjarki Elisson. „In meiner Zeit in Berlin haben wir es nicht einmal geschafft, gegen den THW zu schlagen“, ergänzte der Isländer und fragte fast schon rhetorisch: „Haben die Füchse in ihrer Geschichte überhaupt schon mal Kiel besiegt?“ Die Antwort fiel nicht weniger ernüchternd aus als das Finalergebnis am Samstagabend: von den letzten 27 Duellen mit dem deutschen Rekordmeister gewannen die Füchse exakt ein einziges.

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