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Sport - 13.06.2019

Warum Sara Däbritz derzeit mehr grätscht als zaubert

Sara Däbritz steht sinnbildlich für den großen Kampfgeist der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Diese Einstellung könnte das Team noch weit tragen.

Sara Däbritz überzeugt derzeit vor allem kämpferisch.

Sara Däbritz musste überall gleichzeitig sein. Als sie nach dem Spiel in der Mixed-Zone geduldig die Fragen der Journalisten beantwortete, eilte die DFB-Pressesprecherin herbei. „Du bist Player of the Match, du musst in die Pressekonferenz“, sagte sie zu Däbritz. Höflich entschuldigte sich Däbritz und saß ein paar Augenblicke später schon auf dem Podium.

Schon während des Spiels gegen Spanien schien es, als wäre Däbritz am Mittwochabend an mehreren Orten gleichzeitig zu finden. Die 24-Jährige beackerte jede Ecke des nassen Rasens im Stadion von Valenciennes. Kurz vor der Pause krönte sie ihre starke Leistung mit dem Siegtor zum 1:0-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft. „Das war ein absoluter Kampfsieg“, sagte Däbritz.

Und es war ein wichtiger Sieg: Denn durch den Erfolg im zweiten Vorrundenspiel der Fußball-WM in Frankreich hat das deutsche Team beste Chancen, als Gruppenerster ins Achtelfinale einzuziehen. So könnte die Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ein Aufeinandertreffen mit den übermächtigen US-Amerikanerinnen vermeiden, die in ihrem ersten Gruppenspiel einen Rekord aufgestellt haben. Ihr 13:0-Erfolg gegen Thailand war der höchste WM-Sieg aller Zeiten.

Das deutsche Team tat sich deutlich schwerer gegen sehr ballsichere und schnell kombinierende Spanierinnen, die in der Anfangsphase sehr gute Chancen hatten. „Wir haben auch mal ein bisschen Glück gehabt“, sagte Voss-Tecklenburg. Ihre Spielerinnen arbeiteten sich danach in die Partie und auch Däbritz, die als feine Technikerin bekannt ist, ging keinem Zweikampf aus dem Weg. Niemand auf dem Feld wurde häufiger gefoult als Däbritz.

Zu dieser kämpferischen Leistung des deutschen Teams passte, dass Däbritz das Siegtor durch eine Grätsche erzielte. Nach einer Flanke von Svenja Huth kam Alexandra Popp im Strafraum zum Kopfball. Spaniens Torhüterin konnte den Ball nicht festhalten. „Wenn ich köpfe, köpfe ich hart – wenn er mal aufs Tor kommt“, sagte Popp. Der Ball ruhte kurz vor der Torlinie, doch Spaniens Marta Torrejon, die Schwester von Marc Torrejon vom 1. FC Union, überlegte eine Sekunde lang, wie sie den Ball klären sollte. Das nutzte die lauernde Däbritz und grätschte an Torrejon vorbei den Ball ins Tor. „Ich habe einfach versucht, irgendwie noch an den Ball zu kommen und habe dann mal die Grätsche gesetzt. Es ist mir glücklicherweise gelungen, den Ball noch über die Linie zu drücken“, sagte die Torschützin.

Däbritz‘ Rolle im Team wird immer wichtiger

Schon vor dem Turnier war klar, dass Däbritz bei dieser WM eine wichtige Rolle im deutschen Team einnehmen kann. Schließlich ist die vielseitig einsetzbare Mittelfeldspielerin seit vielen Jahren dabei. 2013 debütierte sie mit 18 Jahren im Nationalteam und gewann im selben Jahr die Europameisterschaft. Drei Jahre später holte sie in Rio die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen. Und nach dieser WM wartet der nächste große Schritt auf Däbritz. Sie wechselt vom FC Bayern München zu Paris Saint-Germain, dem Tabellenzweiten der vergangenen Saison in der französischen Liga. An die Stimmung in Frankreich kann sich Däbritz derzeit schon einmal gewöhnen. 

Doch zunächst wird sie im deutschen Nationalteam gebraucht. Nach dem Ausfall von Spielmacherin Dzsenifer Marozsan, die mit einem Zehenbruch mindestens noch im dritten Gruppenspiel gegen Südafrika am Montag (18 Uhr) fehlen wird, ist ihre Rolle besonders wichtig – auch, weil sie eben keinen Ball verloren gibt. Ihr körperliches Durchsetzungsvermögen hat Däbritz beim Fußballspielen mit Jungen gelernt. Bis sie 16 Jahre alt war, durfte sie mit einer Sondererlaubnis des Verbands bei den männlichen Teams mitspielen. „Ich habe vor allem gelernt, den Ball auch in Drucksituationen zu behaupten und meinen Körper einzusetzen“, sagt Däbritz über diese Zeit.

Bei all der Freude über den zweiten Gruppensieg bei der WM gibt es beim deutschen Team – und auch bei Däbritz – aber noch viel Steigerungspotenzial. „Fußballerisch war das nicht das Beste von uns“, sagte sie euphemistisch. In der Defensive bekam das DFB-Team keinen Zugriff. „Die Abstände passten nicht, wir waren zu weit weg“, sagte Kapitänin Popp über die Anfangsphase. Und nach vorne fehlte der deutschen Mannschaft ohne Marozsan ein Konzept, der Spielaufbau misslang in der Anfangsphase bei jedem Versuch – und wirklich zwingende Chancen gab es erst nach der Einwechslung der 18 Jahre alten Klara Bühl. Den von Trainerin Voss-Tecklenburg vor dem Turnier geforderten Tempofußball konnte das Team bislang nur sehr selten andeuten.

Stattdessen überzeugen die Spielerinnen durch beeindruckenden Teamgeist, Kampfbereitschaft und Willen. Melanie Leupolz, die wie Däbritz in München spielt, analysierte nach dem Spiel: „Wir haben andere Ansprüche, aber wenn wir jedes Spiel 1:0 gewinnen, werden wir Weltmeister.“ 

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