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Sport - 16.06.2019

Wie viel Ambition verträgt die Basketball-Bundesliga?

Mit ihrer Rivalität wollen Alba und Bayern den Basketball in Deutschland nach vorn bringen. Doch nicht alle können mit den neuen Anforderungen mithalten.

Kampf um die Lufthoheit. Mal wieder stehen Alba und Bayern im Finale um die deutsche Meisterschaft.

Wenn ein Mann im deutschen Basketball für Erfolg steht, dann ist es Dirk Bauermann. Der Trainer prägte den Sport in den 90er und 2000er Jahren, mit Leverkusen gewann er siebenmal in Folge die deutsche Meisterschaft. Als Nationaltrainer führte er das deutsche Team 2005 zu EM-Silber und 2008 zu den Olympischen Spielen nach Peking. Nebenbei gewann er mit Bamberg noch zwei weitere Meistertitel. Bauermann wusste also sehr genau, was er dem Tagesspiegel im Jahr 2012 sagte: „Perspektivisch werden Bayern und Alba über Jahre zu den besten drei Mannschaften der Liga gehören“, hatte der Erfolgstrainer damals prognostiziert. Er sollte recht behalten.

Bauermann war zu dieser Zeit gerade erst mit Bayern München in die Basketball-Bundesliga (BBL) aufgestiegen. Die Nachricht, dass der Erfolgstrainer in die Zweite Liga wechseln würde, um der Basketball-Abteilung der Bayern auf die Sprünge zu helfen, hatte im Jahr 2010 für viel Aufsehen gesorgt. Heute, neun Jahre später, stehen die Münchner zum vierten Mal in der Finalserie um die Meisterschaft. Zum dritten Mal nach 2014 und 2018 heißt der Gegner dabei Alba Berlin. Die vergangenen beiden Duelle endeten mit dem Titelgewinn der Bayern, die auch an diesem Sonntag (18 Uhr/live bei Magentasport) als Favorit in das erste von maximal fünf Spielen gehen.

Gemeinsam mit Bamberg prägen Bayern und Berlin die BBL seit Jahren als sportliche wie wirtschaftliche Schwergewichte – eigens dafür hat sich in der Liga der Begriff der „drei großen Bs“ etabliert. Doch seit mit den Bambergern eines dieser Bs schwächelt, heißen die beiden – zumindest in dieser Saison – dominierenden Klubs Bayern und Berlin. Die Rivalität zwischen beiden Vereinen hat sich inzwischen auch außerhalb der Basketball-Welt herumgesprochen: Auf der einen Seite befindet sich der Emporkömmling aus München, der sich in den vergangenen Jahren zum finanziell schlagkräftigsten Akteur entwickelt hat. Auf der anderen Seite stehen die Alteingesessenen aus Berlin, die die Liga um die Jahrtausendwende mit sieben Meistertiteln in Folge dominierten, nun jedoch erkannt haben, dass solche Dimensionen außer Reichweite liegen, und deshalb den Weg der kontinuierlichen Basisarbeit eingeschlagen haben.

„Wir haben zwei große Marken im Finale“

In der Ligazentrale sieht man diesen Wettstreit positiv: „Wir haben zwei große Marken im Finale“, sagt Stefan Holz, der Geschäftsführer der BBL. „Das hilft uns als Liga sicherlich.“ Denn die kämpft nach wie vor um ihren Platz in der deutschen Sportlandschaft. Im Wettbewerb um Publikum und Sponsoren konkurriert sie hinter dem alles überragenden Fußball nicht nur mit klassischen Teamsportarten wie Handball oder Eishockey, sondern muss sich auch mit dem American-Football-Hype um die nordamerikanische Profiliga NFL sowie dem Phänomen E-Sports auseinandersetzen.

„Aktuell haben wir tolle Angebote für das bestehende Publikum“, sagt Holz. „Aber das entscheidende Thema ist, wie wir mehr Menschen für die BBL begeistern können.“ Dabei helfen sollen Duelle von Klubs mit der Strahlkraft von Alba Berlin oder Bayern München. Holz verweist gerne auf die beiden Kontrahenten, um zu zeigen, wie es um die Entwicklung an der Spitze der Liga steht: Beide bewegen sich in potenten wirtschaftlichen Kreisen, sind überregional bekannt und vertreten den deutschen Basketball auch international auf höchstem Niveau. „Es trifft der populärste Basketball-Klub in Deutschland auf die größte deutsche Sportmarke“, fasst es Albas Manager Marco Baldi zusammen. Und das ist seinem Pendant auf Münchner Seite zufolge auch spürbar: „Wir bekommen mit, dass sich die Leute auf die Serie freuen“, sagt Marko Pesic. „Und zwar nicht nur die Fans und die Mannschaften, sondern auch die Medien.“

Auf all diese Akteure setzt die Liga, um ihren ambitionierten Zielen näherzukommen: Im Jahr 2011 verkündete der damalige Geschäftsführer Jan Pommer, man wolle mit der BBL „bis 2020 die stärkste Liga in Europa werden“. Eine für sportökonomische Verhältnisse bemerkenswert offensive Ansage, an der seither jegliche Entwicklungen der Liga in der Öffentlichkeit gemessen werden. Das weiß auch Pommers Nachfolger Stefan Holz. Der muss darauf angesprochen kurz Luft holen, klingt dann jedoch überzeugt: Der Vorsatz habe die Liga vorangebracht, meint Holz. „Es geht vor allem darum, dass sich Liga und Klubs gemeinsam hinter einem ambitionierten Ziel versammeln können.“ Doch unter welchen Voraussetzungen dieses Ziel erreicht wäre, darüber hält sich die Liga bedeckt.

„Das Ziel ist etwas unkonkret formuliert“, sagt Baldi. Es sei ja nicht geklärt, in welcher Hinsicht man am stärksten sein wolle. „Was die Organisation oder die wirtschaftliche Gesundheit anbelangt, sind wir sicherlich führend“, meint der Alba-Manager. Darin stimmt er mit seinen Kollegen aus der Ligazentrale und in München überein. Als wichtigen Schritt für die Weiterentwicklung nennen alle drei Verantwortlichen deshalb auch die stete Anhebung der wirtschaftlichen und infrastrukturellen Standards der Klubs. „Es geht nicht darum, irgendwelche großen Sachen zu machen, sondern kontinuierlich zu arbeiten“, sagt Pesic.

Bundesliga droht zu einem exklusiven Klub zu werden

Im vergangenen Jahr haben die Klubvertreter deshalb entschieden, den Mindestetat für die Vereine der BBL ab Sommer von bislang zwei auf drei Millionen Euro anzuheben, zur Saison 2021/22 könnten es sogar 3,5 Millionen Euro werden. Auch die Anforderungen an das Eigenkapital, die Spielstätten oder die Nachwuchsarbeit sind immer wieder gestiegen. Das soll mittelfristig die sportliche Qualität erhöhen, wirft kurzfristig jedoch erst einmal Probleme auf: Nur neun der 18 Bundesliga-Klubs haben die Lizenz für die kommende Saison ohne Auflagen erhalten. Absteiger Bremerhaven und Aufsteiger Nürnberg wurde die Spielberechtigung gar vollständig verweigert.

Die Franken bemühen sich zwar weiterhin um eine BBL-taugliche Halle, dennoch könnte es erstmals seit Einführung der 18er-Liga zur Saison 2006/07 der Fall sein, dass nur 17 Teams in die neue Spielzeit starten. „Dass sich die Liga in allen Bereichen gut entwickelt hat, ist auch einer Art Selbstkasteiung geschuldet“, sagt Baldi. „Anders geht es nicht.“

Die Situation verdeutlicht den Zwiespalt, in dem sich die Liga durch ihr selbst auferlegtes Wachstumsprogramm befindet. Einerseits preschen Zugpferde wie Alba oder Bayern voran und wollen sich über ihre Euroleague-Teilnahme auch als internationale Marken positionieren. Auch darum müssen die Mindeststandards angepasst werden, damit die Kluft zu den kleineren Vereinen nicht noch größer wird. Andererseits droht die Bundesliga zu einem noch exklusiveren Klub zu werden, in den kleinere Teams kaum noch vordringen können. Zweitligist Heidelberg etwa bemühte sich trotz guter Aufstiegschancen gar nicht erst um eine BBL-Lizenz – die Anforderungen erschienen dem Klub zu hoch. Umgekehrt freut sich die Liga mit Aufsteiger Hamburg über einen weiteren attraktiven Standort.

Baldi ist jedenfalls davon überzeugt, dass es ausreichend Wege gebe, auch unter den verschärften Bedingungen in der Liga Erfolg haben zu können. „Es gibt viele unterschiedliche Standorte mit unterschiedlichen Voraussetzungen, aber es gibt auch viele verschiedene Möglichkeiten“, sagt Albas Manager und nennt als positives Beispiel Aufsteiger Vechta, der erst im Play-off-Halbfinale an Bayern scheiterte. „Man sieht ja, dass es viele Wege gibt. Die Liga ist bunt.“

„Wir gehören zu den Top drei“

Im kommenden Jahr wollen die Ligaverantwortlichen Bilanz ziehen, inwiefern das ambitionierte 2020er-Ziel tatsächlich erreicht wurde. Dann sollen auch neue Vorsätze her – eventuell sogar wieder mit einer neuen Jahreszahl. „Es ist wichtig, solche Ziele zu setzen, sonst würde man sich nicht weiter nach vorne bewegen“, sagt Pesic. Die beste Liga in Europa sei man auch im kommenden Jahr „wahrscheinlich nicht“, glaubt er. „Aber wir gehören auf jeden Fall zu den Top drei.“

Aus sportlicher Sicht dürfte die spanische Liga vorerst noch außer Reichweite bleiben – auch wenn in dieser Saison erstmals drei deutsche Teams in den Halbfinals europäischer Wettbewerbe standen, Alba sogar im Eurocup-Finale gegen Valencia. Einer, der sich mit dem Basketball in Spanien auskennt, ist Berlins Sportdirektor Himar Ojeda. Und der verweist auch auf die Rivalitäten zwischen Klubs wie Real Madrid und dem FC Barcelona als elementarer Bestandteil einer lebendigen Ligakultur. „Das hilft dem Basketball in Spanien“, glaubt er. Auch Stefan Holz ist davon überzeugt. „Eine Liga lebt von Gesichtern und Geschichten“, sagt der BBL-Geschäftsführer und wünscht sich deshalb das nächste Kapitel im jungen Klassiker zwischen Bayern und Alba: „Wir brauchen solche Geschichten und Erinnerungen. Und ich hoffe, dass die beiden Teams uns die im Finale liefern.“

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