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Wirtschaft - 10.02.2019

Australien wird voraussichtlich vorzeitig Pariser Klimaziele erreichen

Viele Staaten werden die Klimavorgaben verfehlen – Australien dagegen wird zum Vorbild: Grünstrom boomt, eine Vollversorgung scheint möglich.

Solaranlage im australischen Queensland.

Australien wird deutlich früher die Ziele des Klimaabkommens von Paris erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Australian National University in Canberra. Demnach werde der Staat bereits 2025 die Vorgaben erfüllen, die laut dem Abkommen erst 2030 erfüllt werden müssten. Damit bildet Australien eine Ausnahme, die meisten westlichen Staaten sind von den Pariser Zielen weit entfernt. Deutschland etwa wird wahrscheinlich die Ziele, die es bis 2020 erreichen sollte, deutlich verfehlen.

Grund für die gute Prognose für Australien ist, dass das Land seine Energiewende in rasantem Tempo vollzieht, sehr viel schneller etwa als Deutschland und Europa. Der Untersuchung der Universität in Canberra zufolge werden dieses Jahr pro Einwohner etwa 250 Watt neuer Leistung erneuerbarer Energien installiert. Im Vorjahr waren es noch gut 200 im vergangenen Jahr. In Deutschland waren es zuletzt 100 Watt pro Jahr, innerhalb der EU nicht einmal die Hälfte.

Aktuell liegt der Anteil an erneuerbaren Energien in Australien zwar erst bei rund 20 Prozent, während es in Deutschland etwa 40 Prozent sind. Doch Down Under steigt der Anteil derart rapide, dass laut den Schätzungen der Forscher 2024 ein Anteil von 50 und 2032 eine vollständige Versorgung mit erneuerbarer Energie möglich sein soll. In Deutschland werden laut des schwarz-roten Koalitionsvertrags 65 Prozent bis 2030 angepeilt. Derzeit ist aber unklar, ob und wie das Ziel erreicht werden kann.

Optimistische Prognose

Mit der 100-Prozent-Vorhersage geben sich die australischen Forscher allerdings ebenfalls reichlich optimistisch. Die reine Erzeugung ist nicht das Problem: Australien verfügt über eine weltweit fast einmalig günstige Geographie für den Ausbau von Wind- und Solarstrom. Hohe Sonneneinstrahlung durch Äquatornähe, teils sehr kräftige und stabile Winde und vor allem: Jede Menge Platz. Die Bevölkerungsdichte ist in Deutschland 75-mal höher, weite Teile des Kontinents sind so gut wie unbewohnt.


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Doch auch in Australien muss das Problem gelöst werden, die Erzeugung aus erneuerbaren Energien auszutarieren über das Stromnetz und den Bedarf zu decken, wenn die Grünstromkraftwerke kaum Energie produzieren. In der Untersuchung wird das Problem kurz angerissen. Die Autoren behaupten, die Kosten für das „Balancing“ des Netzes seien moderat, auch bei einem Ausbau der Erneuerbaren auf 100 Prozent Anteil.

Batteriespeicher, Pumpspeicherkraftwerke und ein Ausbau des Stromnetzes könnten das Problem stark schwankender Erträge beherrschbar machen. Auch andere Studien kommen zu diesem Ergebnis und unterstellen sogar, insgesamt sei die Versorgung günstiger als mit Kohle. Eine systematische Untersuchung oder ein Umbauprogramm der Aufsichtsbehörden gibt es allerdings noch nicht.

Schwaches Stromnetz

2016 und 2017 kam es im Bundesstaat South Australia, der besonders viel erneuerbare Energien am Netz hat, zu großflächigen Stromausfällen – weil nicht ausreichend Leistung zur Verfügung stand. Das wurde allerdings auch den altersschwachen Kraftwerken für fossile Energie, etwa Kohle, zugeschrieben.

Bemerkenswert bleibt allerdings, dass in Australien erneuerbare Energien anders als in Deutschland als „Billigmacher“ gelten – und sich in Umfragen ein Großteil der Australier deshalb für den weiteren Ausbau aussprechen. In Deutschland dagegen belasten immer noch die enormen Förderkosten für die noch jungen erneuerbaren Energien, insbesondere Solarstrom, die Diskussion. Die Stromkunden müssen viel Geld zahlen, denn die Anlagen erhalten 20 Jahre fixe, teils sehr hohe Förderbeträge über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Australien dagegen ist erst nach dem Preissturz insbesondere der Solartechnik eingestiegen, angetrieben auch von Bürgern, die auf dem Dach ihren Solarstrom selbst erzeugen – und sich nun teilweise Batterien dazuschalten.

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