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Wirtschaft - 13.03.2019

Bundesregierung will globale Lösung im Streit um Digitalsteuer

Warum Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei der Digitalsteuer vorerst nicht mit Frankreich geht – und eine internationale Lösung vorzieht.

Wie besteuert man Facebook, Google & Co.?

Die Frage, wie man weltweit agierende Online-Giganten (und auch kleinere Digitalfirmen) besser zur Kasse bitten kann, spaltet die Europäische Union. Die EU-Digitalsteuer ist vorerst vom Tisch, die französische Regierung prescht im nationalen Alleingang vor – und Deutschland setzt auf eine globale Einigung, ohne dass jedoch die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) angestrebte Lösung im Einvernehmen mit allen großen Nationen schon absehbar wäre.

Aber angesichts des Scheiterns der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Digitalsteuer im Rat der EU-Finanzminister (Ecofin) an diesem Dienstag sieht man in Berlin den besten Weg derzeit darin, nun auf internationaler Ebene zu einem Erfolg zu kommen. „Wir streben eine globale Mindestbesteuerung an“, hieß es am Montag aus dem Ministerium, nachdem klar geworden war, dass Schweden, Dänemark, Finnland und Irland ihren Widerstand gegen die EU-Besteuerung nicht aufgeben wollen. In Steuerfragen gilt in der EU-Finanzministerrunde das Einstimmigkeitsprinzip.

Scholz setzt auch auf USA

Nationale Zwischenlösungen lehnt man in Berlin ab, auch weil sie eine Einigung auf der Ebene der G20 gefährden könnten. Und diese Ebene peilt Scholz an, um die Mindestbesteuerung durchzusetzen. Das aber heißt, die US-Regierung mit ins Boot zu bekommen. Im Juni beim G20-Finanzministertreffen in Osaka soll das Thema auf die Agenda, um grundsätzliche Fragen zu klären. Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Juli 2020 soll das Anliegen dann in der Union weiter vorangebracht werden. Doch sieht man sich in Berlin deswegen nicht auf Gegenkurs zu Frankreich. Sollte die globale Mindeststeuer nicht durchzusetzen sein, dann wolle man zusammen mit Paris vom 1. Januar 2021 an verbindliche Regeln innerhalb der EU schaffen, heißt es.


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Wie die aussehen könnten, ist noch unklar. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass große Digitalunternehmen mit einem globalen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro im Jahr und einem Mindestumsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent auf ihre Gewinne zahlen. Das scheiterte im Dezember am Widerstand mehrerer Länder. Frankreich will nun eine abgespeckte Variante einführen, bei der vor allem Online-Werbeerlöse besteuert werden.

Das Problem der Gewinnverlagerungen

In Berlin setzt man bei dem Versuch einer globalen Lösung auf die schon länger laufenden Bemühungen innerhalb der Organisation für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD), internationale Steuerregeln zu erarbeiten, um damit die nicht zuletzt von Digital-Riesen genutzten Möglichkeiten der Gewinnverlagerung zu begrenzen oder ganz zu unterbinden. Die Mindeststeuer, die Scholz global durchsetzen will, gehört dazu.

Andererseits geht es auch darum, dass Google, Amazon & Co. auch dort Steuern zahlen, wo sie zwar riesige Umsätze machen, aber wegen des Fehlens von Firmenniederlassungen oder Vertriebsorganisationen, wie sie bei klassischen Industrieunternehmen und Dienstleistern die Regel sind, wenig oder gar keine Steuern. Es geht dabei letztlich darum, mehr die Konsumseite in den Blick zu nehmen und weniger die Firmensitze (gern in Niedrigsteuerländern) oder Produktions- und Vertriebsstandorte.

Verschiedene Ansätze

Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die derzeit innerhalb der OECD diskutiert werden. Möglich wäre, einen Teil der Gewinne der global agierenden, aber nur in wenigen Staaten veranlagten Großunternehmen allen anderen Staaten gemäß ihrer Nutzerzahl zuzuordnen, was insbesondere bei sozialen Netzwerken oder Online-Marktplätzen wie Amazon wirksam wäre.

Ein zweiter Ansatz ist die von den USA favorisierte Lösung, bei der die Gewinne nach dem Marktprinzip zerlegt werden: neben Kundenumsätzen würden hier weitere Faktoren wie Marken oder Daten herangezogen. Drittens käme in Frage, eine „signifikante wirtschaftliche Präsenz“ zur Besteuerungsgrundlage zu machen, wofür dann schon eine Webseite in der Landessprache samt Werbeaktivitäten reichen würde.

Nachteile für Deutschland?

Damit aber hat die Bundesregierung ein Problem. Denn solche Überlegungen könnten schnell über den Kreis der Digital- und Tech-Konzerne hinausgreifen. Bisher ist es aber so, dass die Besteuerung nach Sitzländern und Produktionsstandorten den Exportnationen wie Deutschland durchaus entgegenkommt. Eine stärkere Verlagerung der Besteuerung auf den Konsum könnte Steuerausfälle in Deutschland nach sich ziehen.

Den USA könnte das ganz gut gefallen, weil sie so die Steuerverluste bei einer stärkeren globalen Verteilung der Gewinne der US-Technikkonzerne ausgleichen könnten – immerhin sind die Amerikaner Großkonsumenten globaler Güter, etwa Karossen aus deutscher Produktion. Eine globale Digitalsteuer auf Gewinne, die alle Interessen irgendwie einbindet und am Ende zumindest dazu führt, dass nicht weniger Geld im deutschen Staatssäckel klimpert – das ist das Ziel, das Scholz bis Mitte kommenden Jahres erreichen will.

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