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Wirtschaft - 15.02.2019

Exportstopp für deutsche Brennelemente wird geprüft

Mit einem Exportstopp für Brennelemente aus deutscher Produktion befasst sich am Freitag der Bundesrat. Umweltministerin Schulze schaltet die EU-Kommission ein.

Ein Produktionsfacharbeiter überprüft Brennstäbe mit angereichertem Uran.

Als Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) kürzlich das geplante Endlager Schacht Konrad besichtigte, konnte der Eindruck entstehen, es werde langsam ruhig um die Atomkraft. Es gehe nun um den letzten, unausweichlichen Schritt der Abwicklung der Atomkraft, sagte sie.

Doch ein Streitpunkt bleibt: der Export von in Deutschland produzierten Brennelementen in EU-Mitgliedsstaaten. Am Mittwoch verkündete Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth, dass die Umweltministerin die Möglichkeit eines Exportstopps für Brennelemente bei der EU-Kommission ausloten will.

Flasbarth äußerte sich damit nur zwei Tage vor der für den heutigen Freitag erwarteten Entscheidung des Bundesrats über einen Antrag mehrerer Bundesländer zum Brennelemente-Export. Darin bitten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Rheinland-Pfalz das Bundesumweltministerin (BMU), eine EU-rechtskonforme Option zur Verhinderung solcher Exporte zu klären.

Das BMU teilte noch am Mittwoch mit, dass derzeit zwischen den Bundesressorts geprüft werde, auf welchem Weg ein Einsatz von Kernbrennstoff aus deutscher Produktion in Kraftwerken mit zweifelhafter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Das war bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD vereinbart worden.


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Antrag „verwässert“

Thorben Becker, Atomexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), geht das nicht weit genug. „Wir schalten die Atomkraftwerke in Deutschland ab, aber produzieren den Brennstoff weiter. Es muss auch um die Schließung dieser Anlagen gehen. Das gehört zum Atomausstieg“, sagte er Tagesspiegel Background.

Den bevorstehenden Beschluss des Bundesrats bezeichnete das Umweltinstitut München am Donnerstag sogar als „Luftnummer“ und kritisierte die „Verwässerung“ des ursprünglichen Antrags. „Ein in dieser Hinsicht deutlich schärfer formulierter Antrag Baden-Württembergs, der auf die Änderung des Atomgesetzes zielte, wurde bereits im Herbst aufgrund unsicherer Mehrheitsverhältnisse zurückgezogen“, sagt Philipp Bedall vom Umweltinstitut. In dem Antrag hatte das Land einen Stopp der Lieferungen für Atomkraftwerke gefordert, die zu nah an der deutschen Grenze liegen.

Das Bundesumweltministerium geht nun den Weg über Brüssel, erbittet eine Stellungnahme, unter welchen Randbedingungen Exportbeschränkungen möglich sind. Dazu teilte das Ministerium auf Nachfrage mit: „Gegenstand der Klärung durch die EU-Kommission soll auch die Frage sein, ob etwaige Exportverbote an konkrete Sicherheitsbedenken im Einzelfall anknüpfen müssen oder ob generalisierende Exportverbote, zum Beispiel unter Hinweis auf das Alter einer Anlage, zulässig sind.“ Atomanlagen im Ausland, an deren Sicherheit gezweifelt wird, werden vom BMU nicht genannt.

Fabrik in Lingen blockiert

Spannungen um den Export von Brennelementen bestehen bereits länger. Kritiker fordern immer wieder den Stopp von Exporten aus der einzigen deutschen Brennelementefabrik in Lingen an Kernkraftwerke nahe der deutschen Grenze.

Erst im vergangenen Jahr sammelten Aktivisten 122.000 Unterschriften gegen die Lieferung deutscher Brennelemente an Atommeiler in Belgien. Im Januar blockierten Atomkraftgegner für mehrere Stunden die Zufahrt der Fabrik, die Atomkraftwerke mehrerer europäischer Länder beliefert. Vom deutschen Atomausstieg ist die Anlage ausgenommen und kann den Betrieb unvermindert fortsetzen.

In Deutschland sorgte der belgische Reaktor Doel 3 immer wieder für Schlagzeilen, zuletzt wegen feiner Risse im Druckbehälter. 2016 hatte die damalige Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) Belgien sogar gebeten, die Meiler Tihange 2 und Doel 3 nach dem Fund jener Risse bis zur Klärung von Sicherheitsfragen abzuschalten. Doch auch über diese Meiler hinaus sehen Kritiker Probleme. „Im Umkehrschluss können wir nicht mit Sicherheit ausschließen, dass in anderen europäischen Werken ein Störfall auftritt“, sagt Becker.

Bis eine EU-konforme Regelung greift, wird der Export auch in grenznahe Atomkraftwerke weitergehen. Das BMU teilte noch am Mittwoch mit, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle „voraussichtlich in Kürze“ die Ausfuhr von 60 Brennelementen an die belgischen Meiler Doel 1 und Doel 2 genehmigen werde, ebenso die von 24 Brennelementen an das Akw Cattenom in Frankreich.

Dieser Artikel stammt vom Tagesspiegel Background Energie & Klima. Das Team veröffentlicht täglich Newsletter mit höchster Relevanz für Top-Entscheider, Kommunikationsprofis und Fachexperten. Hier können Sie die Newsletter vom Tagesspiegel Background abonnieren.

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