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Wirtschaft - 23.05.2019

Gastro-Lobby und Foodwatch streiten über öffentlich zugängliche Hygiene-Berichte

Seit Januar können Bürger die Protokolle behördlicher Hygiene-Kontrollen anfordern. Doch es gibt Zweifel an der Rechtmäßigkeit, die den Dienst stark behindern.

Glänzend poliert: Nicht in jedem Lebensmittelbetrieb sind die Löffel so sauber wie hier.

Im Subway in Karlsruhe wurde ein „massiver Schädlingsbefall“ von Küchenschaben festgestellt. Bei McDonald’s in Sinsheim war der Lagerbereich ‚“stark verschmutzt“ mit „Lebensmittelresten, die teilweise angetrocknet waren“. Und im Vier-Sterne-Hotel Mercure in Leipzig waren Elektrogeräte mit „schwarzem Schimmel ähnlichen Belägen“ behaftet.

All das hätten Verbraucher wohl nicht erfahren, wenn es nicht seit Januar dieses Jahres die Plattform „Topf Secret“ im Internet gäbe. Dabei handelt es sich um eine Website, auf der Bürger die Protokolle der behördlichen Hygienekontrollen von jedem Betrieb, der mit Lebensmitteln zu tun hat, einfordern können. Initiiert ist das Projekt von der Verbraucherorganisation Foodwatch und die Transparenz-Initiative FragDenStaat.


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Nach rund vier Monaten veröffentlichten die beiden Organisation nun eine erste Zwischenbilanz. Rund 15.000 Personen haben demnach die Hygiene-Berichte von 26.000 Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben beantragt. Grund zur Sorge gab es dabei allerdings nur selten; die Kontrolleure hätten in vielen Betrieben erwartungsgemäß keine Beanstandungen festgestellt, so die Initiatoren in einer Mitteilung.

Dehoga kritisiert Topf Secret

Doch trotz dieser wenig dramatischen Ergebnisse ist „Topf Secret“ ist in der Branche höchst umstritten. „Die Macher von „Topf Secret“ müssen respektieren, dass durch Veröffentlichungen der Kontrollberichte unternehmerische Existenzen gefährdet werden können“, gibt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) zu bedenken. „Wir werden nicht zulassen, dass „Topf Secret“ die Grundrechte der Unternehmer außer Acht lässt“, kündigt der Lobby-Verband an. „Auch Foodwatch hat sich an rechtsstaatliche Prinzipien zu halten. Es bedarf dringend einer höchstrichterlichen Klärung und einer gesetzlichen Klarstellung.“

Viele Behörden teilen diese Skepsis und verweigern die Herausgabe der Daten. Laut Foodwatch lehnten die zuständigen Ämter beispielsweise in Schleswig-Holstein alle Bürger-Anfragen ab. Dort hätte die zuständige Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack entsprechende Absprachen mit den Behörden getroffen. Auch in Berlin sind nicht alle Bezirke begeistert. So verweigern die Behörden in Spandau und Neukölln den Verbraucherschützern zufolge die Herausgabe.

Dabei haben die Berliner das größte Interesse an der Hygiene ihrer Lebensmittelbetriebe. 2274 Anfragen registrierte „Topf Secret“ in der Hauptstadt. Auf die Einwohnerzahl gerechnet ist das der höchste Wert in Deutschland.

Kaum Berichte einsehbar

Foodwatch und FragDenStaat berufen sich auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). „Die Menschen haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse – und zwar bundesweit“, erklärte Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat. „Weder die schleswig-holsteinische Justizministerin noch die Bezirksbürgermeister von Spandau und Neukölln können sich einfach über das Bundesgesetz stellen und die Berichte geheim halten.“

Ein von Foodwatch beauftragtes Rechtsgutachten unterstützt diese Sichtweise, auch drei Gerichtsurteile gaben den Verbraucherschützern recht. Dennoch laufen derzeit zahlreiche Klagen von Lebensmittelbetrieben gegen „Topf Secret“. Und auch der DEHOGA verweist auf ein anderes Rechtsgutachten, das wiederum die eigene Position bestätigt.

Das alles scheint der Funktionsfähigkeit der Plattform zu schaden. Ein Blick auf die Berlin-Karte von „Topf Secret“ zeigt am Mittwoch-Mittag kaum Betriebe an, bei denen die Anfrage erfolgreich war. Der überwiegende Teil wurde noch nicht angefragt, bei einigen läuft das Verfahren, doch selbst bei den Betrieben, die mit „Anfrage erfolgreich“ markiert sind, ist eine Einsicht meist nicht ohne weiteres möglich.

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