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Wirtschaft - 18.02.2019

Im Namen des Erfolgs

Ob Xing, GoEuro, Lieferheld oder Foodora: Viele deutsche Unternehmen ändern derzeit ihre Namen. Das ist auch eine Folge der Globalisierung.

Firmennamen können über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens bestimmen.

Naren Shaam hat es geschafft. Als Rucksacktourist kam der gebürtige Inder einst nach Berlin. Er blieb dann, um ein Problem zu lösen, dass er selbst auf seiner Europareise hatte: Wie findet man das beste Verkehrsmittel zwischen verschiedenen Städten? Denn oft sind Bahn oder Bus gute Alternativen zum Flugzeug. Doch die verschiedenen Optionen zu finden und zu vergleichen, ist nicht so einfach. Mit seinem Start-up GoEuro will Shaam das ändern. 800 Transportunternehmen hat er inzwischen auf der Plattform, darunter viele kleine Busanbieter, deren Angebote sonst schwer zu finden sind. Fast 30 Millionen Menschen nutzen den Dienst jeden Monat. Im Oktober steckten bekannte Investoren 150 Millionen Dollar in das Unternehmen, es gehört derzeit zu den vielversprechendsten deutschen Start-ups.

Dabei gab es nur ein Problem: Der Name GoEuro passte nicht mehr zu den Ambitionen. Denn die Berliner wollen ihr Angebot künftig auch auf Amerika und Asien ausdehnen. Das Start-up nennt sich daher nun in Omio um. Leicht war der Schritt nicht: „Ich habe mich über Monate noch vor dem Einschlafen mit dem Namen beschäftigt“, sagt Shaam.

Start-ups ändern besonders häufig ihre Namen

Das Beispiel GoEuro/Omio zeigt, wie aufwendig solch ein Schritt ist. Acht Monate hat der Prozess gedauert, 200 Vorschläge standen auf einer Liste. Er muss in den verschiedensten Ländern und Sprachen funktionieren und darf keine bestehenden Namensrechte verletzen. „Wir mussten mehr als 80 Internetadressen kaufen“, sagt Shaam. Zu den Kosten dafür will er sich nicht äußern. Für große international tätige Unternehmen können aber schon mal dreistellige Millionenbeträge entstehen, wenn Logos, Webauftritte, Visitenkarten und Werbematerial umgestaltet werden müssen.

Namenswechsel sind gerade bei Start-ups nichts Ungewöhnliches. Laut einer älteren Studie der Otto-Beisheim School of Management benennt sich sogar ein Viertel der Jungunternehmen innerhalb des ersten Jahres noch einmal um. Dafür gibt es auch prominente Beispiele: Amazon startete als Cadabra, Ebay hieß anfangs AuctionWeb.

Auch die Xing SE, Betreiber des größten deutschen Karrierenetzwerkes, hat gerade die Umwandlung ihres Firmennamens in „New Work SE“ angekündigt. Dabei hat das Unternehmen schon einen Namenswechsel hinter sich: Die ersten drei Jahre nannten sich die Hamburger openBC. Das stand für Open Business Club, doch gerade in englischsprachigen Ländern wird das Kürzel BC mit „before christ“ assoziiert. Auch die Ruhrkohle AG hatte ein ähnliches Problem: Die Abkürzung RAG bedeutet im Englischen so viel wie „Lumpen“. Seit 2007 heißt sie Evonik.

New Work statt Xing: „Fühlt sich wie eine kalte Enteignung an“

Nach dem neuen Wechsel, soll das Netzwerk selbst jedoch weiterhin Xing heißen. Auch die Namen weiterer Firmentöchter wie Kununu oder InterNations sollen erhalten bleiben. Der Zukauf anderer Dienste ist auch ein Grund für die Umbenennung der Muttergesellschaft. „Durch die Umfirmierung machen wir New Work zur weithin sichtbaren Klammer um all unsere Aktivitäten“, sagt Xing-Chef Thomas Vollmoeller.

Zudem besetzt das Unternehmen damit den populären Begriff, mit dem moderne, flexible Arbeitsverhältnisse bezeichnet werden. Der Plan sorgt jedoch auch für Kritik. „Der eingeschlagene Weg fühlt sich wie die kalte Enteignung der New-Work-Bewegung an“, sagt Reiner Straub, Herausgeber des „Personalmagazins“. „Mit der Aneignung des Namens der sozialen Bewegung ist Thomas Vollmoeller einen Schritt zu weit gegangen.“ Denn künftig könnten Streitigkeiten um die Verwendung des Namens drohen, schließlich hat das Unternehmen umfangreichen Markenschutz dafür beantragt. Auch bei Suchmaschinen könnte es für andere Nutzer schwieriger werden, unter dem Begriff New Work gefunden zu werden. Xing hingegen, das auch Konferenzen und Seminare zum Thema veranstaltet, dürfte bei entsprechenden Suchanfragen leichter gefunden werden.

Nur die Muttergesellschaft umzubenennen ist weniger radikal und teuer. Allerdings kann es auch zu Verwirrung führen. Vier Jahre nach der Umfirmierung spricht etwa noch immer kaum jemand von Alphabet, wie der Google-Konzern seit 2015 eigentlich heißt. 

Firmennamen als Teil der PR-Strategie

Die Namensfindung für Unternehmen hat sich im Zeitalter der Globalisierung generell deutlich verändert. Wer früher eine Bäckerei oder eine Firma eröffnet hat, musste nicht lange grübeln: der Familienname wurde einfach zum Firmennamen. Das galt für den kleinen Dorfbetrieb genauso wie für spätere Großunternehmen wie Siemens, das 1848 von Werner Siemens gegründet wurde.

Heute ist der Firmenname Teil einer umfassenden PR-Strategie von Unternehmen. Werbetexter und Imageberater entwerfen von ihren Schreibtischen aus neue Wortkreationen und Kunstbegriffe, die ihre Wirkung in den Köpfen der Konsumenten entfalten sollen. „Ein großer Faktor ist der globalisierte Markt. Namen von Unternehmen müssen überall verstanden und ausgesprochen werden können“, sagt Manfred Gotta. Er gilt als deutscher „Namenspapst“, seit er nicht nur populären Automodelle wie den Renault Twingo oder den Opel Vectra ihre Namen gab, sondern auch Unternehmen wie der früheren Citibank (heute Targobank) Fantasienamen verpasste.

Dabei sei es egal, wie die Namen ausgesprochen werden, Hauptsache man könne ihn in der jeweiligen Landessprache aussprechen. „Denken Sie nur an Pharmaunternehmen oder Pharmaprodukte: Es ist wichtig, dass ein Medikament überall denselben Namen hat, um Missverständnisse zu vermeiden“, sagt Gotta.

Unternehmensnamen bilden dabei nicht mehr nur die Eigentümer ab, sondern stehen für ein Image oder Lebensgefühl. Das ist wichtig, um als Unternehmen sein eigenes durchdesigntes Öffentlichkeitsbild zeichnen zu können.

Wer würde zum Beispiel Lebensmittel von einem Tabakkonzern kaufen wollen? Das dachte sich wohl auch der Tabakkonzern Philip Morris als er sich 2003 in Altria unbenannte. Damals gehörte dem Konzern noch ein Großteil von Kraft Foods (einer der damals größten Lebensmitthersteller der Welt), heute immerhin noch Anteile an Anheuser-Busch (der größten Brauereigruppe der Welt).

Lieferheld und Foodora verschwinden

Manchmal bleibt Unternehmen auch gar keine Wahl: Übernahmen, Fusionen oder auch der Verlust von Markenrechten machen Namensänderungen in manchen Fällen notwendig. Auch die Namen einiger deutscher Essenslieferdienste sollen noch in diesem Jahr verschwinden. Nachdem Delivery Hero im Dezember sein Deutschlandgeschäft an den niederländischen Konkurrenten Takeaway.com verkauft hat, werden Lieferheld und Foodora den Namen von deren deutscher Hauptmarke Lieferando bekommen. Namensänderungen müssen aber nicht immer nur mit Zusatzkosten verbunden sein: „Wir sparen dadurch im Jahr 60 Millionen Euro an Marketingkosten ein“, sagt Jörg Gerbig, COO von Takeaway.com. Denn künftig wird nur noch für eine, statt mehrere Marken teure TV-Werbung geschaltet.

Namensänderungen sind aber ein Minenfeld und müssen nicht automatisch zum Erfolg führen – ein falsch gewählter Name kann die Geschäfte massiv belasten. 2002 bekamen etwa alle Condor-Flugmaschinen den Schriftzug des neuen Eigentümers Thomas Cook verpasst. Nur zwei Jahre später flogen sie wieder unter dem Namen Condor – der englische Name wurde in Deutschland nicht angenommen und drückte den Umsatz.

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