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Wirtschaft - 14.01.2019

Immer noch zu viel Zucker in Limo & Co

Foodwatch kritisiert weiterhin hohen Zuckergehalt in Erfrischungsgetränke. Ärzte warnen vor den Folgen.

Mehr als jedes zweite Erfrischungsgetränk ist laut einer Foodwatch-Marktstudie nach wie vor überzuckert.

Zuckergesüßte Getränke gelten laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „eine der Hauptursachen“ für die Entstehung von Fettleibigkeit. Und Deutschland ist eines der Länder mit dem allerhöchsten Pro-Kopf-Verbrauch weltweit. Mehr als jedes zweite Erfrischungsgetränk ist laut einer Foodwatch-Marktstudie nach wie vor überzuckert. Dies sei der Fall, obwohl viele Hersteller und Händler angekündigt hätten, den Anteil in ihren Produkten zu senken. Die Untersuchung wurde am Freitag in Berlin vorgestellt.

Demnach enthalten 345 von 600 untersuchten Getränken mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Das entspricht mehr als vier Zuckerwürfeln in einem 250-Milliliter-Glas. „Zucker liefert nicht nur leere Kalorien ohne Mineralien und Mikronährstoffe, sondern trägt unmittelbar zur Entstehung einer Fettleber und Insulinresistenz bei“, sagte Andreas Pfeiffer, Direktor der Abteilung Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin der Charité Berlin. „Kinder nehmen relativ zum Körpergewicht noch mehr Zucker mit Limonaden auf als Erwachsene“.

Foodwatch fordert „Limo-Steuer“ wie in Großbritannien

Damit habe sich der Anteil stark gezuckerter Getränke auf dem deutschen Markt seit einer ersten Untersuchung 2016 praktisch nicht verändert, kritisierte Foodwatch. Die Organisation forderte Bundesverbraucherministerin Julia Klöckner (CDU) auf, eine „Limo-Steuer“ wie in Großbritannien einzuführen. Dort werden Getränke mit einem Anteil von mehr als fünf Prozent Zucker seit diesem Jahr mit einer Sonderabgabe verteuert.

Der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft (BLL) kritisierte die Untersuchung hingegen als „Stimmungsmache“. Der Marktreport spiegele die reale Lebensmittelvielfalt nicht ansatzweise wider. Ein gesunder Lebensstil lasse sich nicht besteuern, sondern nur durch Aufklärung erlernen. „Wer anderes behauptet, will Verbrauchern nicht helfen, sondern ihnen ihre Eigenverantwortung nehmen“.


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Foodwatch hat zum zweiten Mal den deutschen Markt der Erfrischungsgetränke untersucht und dafür alle auffindbaren Produkte aus dem Sortiment der drei größten Handelsketten Edeka, Rewe und Lidl auf Zuckergehalt und enthaltene Süßstoffe geprüft: Cola, Limonade, Energy-Getränke und Eistees. Jede Geschmacksrichtung jeder Marke wurde als ein Produkt gezählt. Das angebotene Sortiment habe sich insgesamt vergrößert.

Im Schnitt enthalten die zuckergesüßten Getränke laut der Auswertung heute 7,3 Prozent Zucker, was nur minimal weniger ist als vor zwei Jahren (7,5 Prozent). „Unsere Marktstudie beweist: Coca-Cola und Co. haben in Deutschland bisher kaum Anreize, den Zuckergehalt in ihren Getränken zu senken“, sagte Luise Molling von Foodwatch.

83 Gramm Zucker pro 500 Milliliter-Dose

Die Energie-Getränke, die bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind, weisen im Schnitt den höchsten Zuckergehalt auf. Der Energy-Drink „Monster Energy Assault“ enthält 83 Gramm Zucker pro 500 Milliliter-Dose (ca. 17g/100ml). Er wird vom Marktführer Coca-Cola vertrieben.
„Die Folgen für die Gesundheit sind gravierend. Übergewicht und Diabetes bei Erwachsenen, aber auch Karies bei Kindern stehen im Zusammenhang mit einem hohen Zuckerkonsum“, sagte Kai Kolpatzik, Leiter der Abteilung Prävention im AOK-Bundesverband. „Diese Erkrankungen belasten die Sozialsysteme immens. Alleine Diabetes kostet die deutschen Sozialkassen im Jahr circa 35 Milliarden Euro“. Auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin setzt sich für eine erhöhte Mehrwertsteuer für stark zuckerhaltige Getränke ein.

Die Bundesregierung arbeitet im Moment zwar an einer „Nationalen Strategie zur Reduktion von Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten“. Steuerliche Anreize für eine Reduktion dieser Inhaltsstoffe lehnt sie allerdings nach wie vor ab. Die frühere Ernährungs- und Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) forderte von Klöckner „eine verbindliche Reduktionsstrategie für das süße Gift“, mit konkreten zeit- und produktspezifischen Reduktionszielen. Andernfalls müsse Deutschland ernsthaft überlegen, dem Beispiel des Auslands zu folgen und mit Abgaben Fakten zu schaffen.
Am 17. Oktober veranstaltet der AOK-Bundesverband zum zweiten Mal den Deutschen Zuckerreduktionsgipfel.

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