Home Wirtschaft Lauft, ihr Muggel, lauft!
Wirtschaft - 09.07.2019

Lauft, ihr Muggel, lauft!

Drei Jahre nach dem erfolgreichen Augmented-Reality-Game „Pokémon Go“ folgte nun der Zauberschüler Harry Potter als Nachfolger. Mit bisher mäßigem Erfolg.

Mit dem Zauberspruch „Flipendo“ stößt man seinen Gegner um.

Statt Pokébälle nun der Zauberstab: Seit knapp einer Woche ist die neue Spiele-App „Harry Potter: Wizards Unite“ kostenfrei im App-Store verfügbar und lässt Gamer in die Welt von Harry Potter eintauchen.

Studentin Theresa Nilkes (23) testete das Spiel mit großer Begeisterung bereits eine Stunde nach dem Launch, nachdem sie aufgrund einer Vorregistrierung vom Google Play Store die Nachricht der Veröffentlichung erhielt: „Es kam sofort ein Harry Potter-Feeling auf, weil die Filmmusik als Hintergrundmusik verwendet wird. Die Spielwelt hat sehr viel Charme, alles hat diesen magischen, gemütlichen und etwas verstaubten Look, als befinde man sich mitten in der Winkelgasse. Es fliegen sogar Eulen durch’s Bild.“


Kostenlos bestellen

Der Sozialarbeiter Wolfgang Peltzer (34), der bereits seit drei Jahren leidenschaftlicher Pokémon-Spieler ist, war ebenfalls begeistert: „Ich konnte es nicht erwarten, endlich loszulegen.“ Während man als Neuling bei Pokémon Go bereits zum Start versteht, dass man einfach nur Bälle auf kleine Monster werfen muss, taucht man bei Harry Potter in eine andere Welt ein und erkennt schnell, dass der Spielablauf komplexer gestaltet ist: Magie ist in der Welt freigesetzt worden und erscheint an diversen realen Orten.

Die virtuelle Welt, eingebunden in die reale Welt vom Potsdamer Platz.

Der Spieler ist als Hexer oder Zauberer dafür zuständig, die mystische Magie wieder einzufangen und gegen böse Kreaturen aus der Hogwarts-Welt zu kämpfen. So wird jeder gewöhnliche Muggel plötzlich zum Zauberer.

Anspruchsvolleres Spielprinzip

Das Spielprinzip gleicht dem von Pokémon Go: Der Spieler sieht auf seinem Smartphone Straßenzüge der realen Welt, die sich mit virtuellen Orten vermischen. Bei Pokémon sind das Pokéstops, an denen man sich Pokébälle und andere Goodies wie Wiederbelebungstränke und Eier zum Ausbrüten holt, zudem Arenen, in denen man gegen andere Spieler kämpft und starke Pokis in Raids besiegen muss. Bei Harry Potter sind es Hexen- und Gewächshäuser, große Festungen und Gasthäuser, in denen man seine Energie aufladen und somit magische Dinge befreien kann.

Zauberei an den Potsdamer Platz Arkaden.

Während bei Pokémon eher das Prinzip des Sammelns und Fangens herrscht, folgt man bei Harry Potter einer Storyline. Man braut Tränke, kämpft gegen Gegner, sammelt Gegenstände, die beim Zaubern helfen – alles baut in gewisser Weise aufeinander auf. Man wird dabei von den Figuren aus der Harry Potter-Welt begleitet und erhält Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie weiter vorzugehen ist.

Storyline inklusive Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die durch das Spiel führen.

Lange nicht so erfolgreich wie Pokémon Go

Die Spiele-App startete am vergangenen Freitag in den USA und Großbritannien, ab dem späten Samstagabend dann auch in Deutschland. Laut Marktanalyst Sensor Tower hat das AR-Game am Startwochenende ca. 1,1 Millionen US-Dollar Spielerausgaben eingebracht und wurde von fast drei Millionen Spielern auf dem Handy installiert.

Der Niantic-Vorgänger Pokémon Go brachte im Vergleich in seinen ersten vier Starttagen allein in den USA, Australien und Neuseeland mehr als 28 Millionen US-Dollar Spielerausgaben ein. Zudem wurde die Pikachu-App allein in den USA in den ersten 24 Stunden etwa 7,5 Millionen Mal installiert, während sich die Harry Potter-App am ersten Tag nur knapp 400.000 Spieler heruntergeladen haben.

Neu ist immer besser – leider nein

Der Erfolg ist somit noch recht überschaubar und es bleibt abzuwarten, ob die Entwickler mit dem neuen Spiel wirklich überzeugen können. Zudem wurde der Launch in Deutschland nahezu geheim gehalten, was den Hype zum Spielstart extrem eingegrenzt hat. Warum das Spiel ohne weitere Info hierzulande am vergangenen Wochenende dann doch verfügbar war, verrieten die Macher von Niantic und Warner Brothers auch nach mehrfacher Anfrage nicht.

Die reale Welt vermischt mit der virtuellen Harry Potter-Welt.

Da die komplexeren Spielabläufe bei Harry Potter auch mehr Zeit in Anspruch nehmen, dürfte den „Gelegenheitsspielern“ der Wechsel von Poki auf Potter eher schwerfallen. Wer sich allerdings mit viel Leidenschaft für die Harry Potter-Welt begeistern und auch Zeit mitbringen kann, wird sich schnell für das AR-Game begeistern können. „Beeindruckend ist die Nutzung von AR+; besonders bei Portkeys macht das schon ganz schön was her, wenn man durch ein Portal in seinem Wohnzimmer läuft und in einem anderen Raum wieder herauskommt“, wie Spieler Lukas Uhde (30) festgestellt hat.

Poki vs. Potter

Der Hauptgewinn bei beiden Spiele-Apps ist und bleibt vor allem die Tatsache, dass der Spieler nicht zu Hause in seinen vier Wänden sitzt, sondern sich draußen an der frischen Luft bewegt und auch mit anderen Spielern interagiert: „Durch gemeinsames Zaubern ist es auch möglich, neue Leute kennenzulernen. Durch Pokémon Go habe ich damals meinen großen Freundeskreis im Kiez gefunden“, schwärmt Theresa Nilkes.

Nun müssen sich die Spieler also nur noch entscheiden, ob sie Pikachu und Co. treu bleiben oder lieber in die Welt der Magie eintauchen. „Der größte Makel ist, dass man nicht mehr weiß, welches Spiel man spielen soll“, sagt der 25-jährige Student Frank Nemack lachend.

Tränke brauen, um noch mehr magische Energie zu tanken.

Zahlreiche Spielabstürze und Bugs sorgen allerdings schon wieder für Unmut. Zudem ist die App nicht auf allen Android-Versionen verfügbar, was die Community zusätzlich spaltet und dafür sorgt, dass viele einfach weiterhin die kleinen Taschenmonster fangen, anstatt in die Welt der Magie abzutauchen. Ob Harry Potter an den damaligen Erfolg anknüpfen kann, wird man in den kommenden Wochen sehen. Aber ob Pokémon-Jäger oder Zauberer – alle haben sie gemeinsam, dass sie mit gesenktem Blick auf ihr Smartphone starrend durch die Straßen laufen und dadurch bei gewöhnlichen Muggeln für ordentlich Verwirrung sorgen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Check Also

Jens Spahn reist in den Kosovo, um Pflegekräfte anzuwerben

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Im Kosovo und in Albanien sei die Pflegeausbildung b…