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Wirtschaft - 05.12.2018

Monsanto macht auch Bayer Angst

Dass Monsanto 289 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen soll, schwappt schockwellenartig in die Konzernzentrale von Bayer. Ein Kommentar.

Internationaler Protest. Eine Demonstrantin in Bordeaux hält ihre Meinung im vergangenen Jahr plakativ hoch.

Wenn Neil Young noch trinken und rauchen würde, dann hätte er am Wochenende vielleicht mit ein paar Joints und Whiskeys gefeiert. Einen Anlass hatte er. Es ist ein paar Jahre her, dass er mit dem Album „Monsanto Years“ das Unbehagen, wenn nicht den Hass von Umweltschützern und Ernährungsaktivisten in Songs unterbrachte. Die böse Fratze des Kapitalismus gehörte dem Saatgutkonzern Monsanto, der mit genmanipulierten Sorten viele Farmer in die Abhängigkeit und Musiker wie Young in den heiligen Zorn trieb.

Das Urteil einer kalifornischen Jury – Monsanto muss 289 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen an einen krebskranken Gärtner, der viele Jahre das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat auf Schulhöfen eingesetzt hatte – kommt einer Erlösung gleich. Endlich kriegt das Monster seine gerechte Strafe, freuen sich die Glyphosat-Feinde, die es ja schon immer gewusst haben. In Leverkusen dagegen schwappten die von den Börsen ausgesandten Schockwellen durch die Bayer-Zentrale. Das weltberühmte Bayer-Kreuz, so hatte der Bayer-Chef nach der 63-Milliarden-Dollar teuren Übernahme von Monsanto gesagt, stehe für Vertrauen, Kompetenz und Qualität. Und damit sich die tollen Imagewerte auf die neue Tochter übertragen, sollte der so hässlich klingende Name Monsanto bald verschwinden. Und Bayer wunderbar wachsen und gedeihen.

Video13.08.2018, 11:49 Uhr00:38 Min.Bayer-Aktie stürzt nach Monsanto-Urteil ab

Doch dann kam der Spruch der US-Jury, der um ein Vielfaches teurer ist als die 289 Millionen Euro Schadensersatz – sofern die am Ende des Verfahrens überhaupt gezahlt werden müssen. Nicht die Panik der Pflanzen- und Tierschützer vor gentechnisch manipulierten Sorten macht Bayer-Monsanto zu schaffen. Es ist vielmehr die Angst der Investoren vor der Zukunft, vor weiteren Klagen, vor dem Verbot von Glyphosat und überhaupt vor der Frage: War die Übernahme von Monsanto womöglich ein tödlicher Irrtum? Oder wirkt „nur“ Glyphosat tödlich?

Unbedenklich oder tödlich?

Die Geschworenen des US-Gerichts sind der Meinung, dass Monsanto den Schulhofgärtner hätte aufklären müssen über die mögliche krebserregende Wirkung von Glyphosat. Diese Einschätzung ist erstaunlich, denn nicht nur Monsanto, sondern eine Vielzahl von Studien und Institutionen in aller Welt bescheinigen Glyphosat Unbedenklichkeit gegenüber Mensch und Natur. Darunter das Bundesinstitut für Risikobewertung sowie die EU, die im vergangenen November die Zulassung des sehr wirksamen Unkrautvernichtungsmittels um weitere fünf Jahre beschlossen hat. Aber es gibt eine relevante abweichende Meinung: Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Herbizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

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Auch die deutsche Ernährungs- und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner weiß nicht so recht, was sie von dem sehr effektiven Zeug halten soll – und verbietet erst mal die private Nutzung sowie den Einsatz in öffentliche Grünanlagen. Die Bauern sollen weiter sprühen dürfen. Bis auf Weiteres. Bevor unabhängige Wissenschaftler nicht eindeutig die Unbedenklichkeit nachgewiesen haben, bleiben Unbehagen und Angst. Auch in der Zentrale von Bayer.

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