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Wirtschaft - 06.11.2018

Pauschalurlauber aufgepasst!

Ab Juli gilt ein neues Reiserecht. Verbraucher haben einen größeren Schutz bei Pauschalreisen – doch der Familienurlaub kann auch teurer werden. Ein Überblick.

Verona statt Genua? Das neue Reiserecht macht’s möglich. Der Reiseveranstalter darf gebuchte Leistungen verändern – etwa bei einer…

Der Mietwagen kaputt, der Pool defekt: Die schönste Zeit des Jahres kann für Urlauber schnell zum Albtraum werden. Viele Kunden stellen sich hinterher die Frage: Welche Ansprüche habe ich gegen wen? Ab Juli müssen sich Reisende hier auf einige Änderungen gefasst machen. Für alle ab dem 1. Juli gebuchten Reisen gilt ein neues Reiserecht. Das liegt vor allem an der EU-Pauschalreiserichtlinie, die dann auch hierzulande umgesetzt wird. Und die hält für Urlaubswillige viele Vorteile, aber auch Nachteile parat.

MEHR SCHUTZ BEI PAUSCHALREISEN

Die meisten Bundesbürger buchen am liebsten eine Pauschalreise, um die Ferien zu verbringen. Mit dem neuen Reiserecht haben Pauschalurlauber bald einen noch größeren Schutz. Laut D.A.S Rechtsschutz fallen ab Juli nämlich nicht mehr nur klassische Rundum-Sorglos-Pakete unter die Pauschalreise-Regelung. Das neue Recht kann auch greifen, wenn der Urlauber mindestens zwei einzelne Leistungen für dieselbe Reise etwa über dasselbe Internetportal gebucht hat. Der Online-Anbieter gilt dann als Reiseveranstalter und haftet dementsprechend.

ONLINE-ANBIETER IN DER PFLICHT


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Die Europäische Union will mit der Richtlinie auf das veränderte Buchungsverhalten reagieren und Online-Anbieter stärker in die Haftung nehmen. Vor allem junge Menschen bis 34 buchen mittlerweile mehr als jede zweite Reise online, weiß die Gesellschaft für Konsumforschung. Doch vom Reiserecht profitiert auch, wer im Reisebüro bucht. Verkauft das nämlich ein Paket selbst zusammengestellter Leistungen als Pauschalreise, haftet das Reisebüro ebenfalls wie ein Veranstalter.

VORSICHT AUSNAHMEN

Doch die neue Pauschalreise-Regelung hat auch Ausnahmen. Vermittelt ein Anbieter mehrere Leistungen für dieselbe Reise, gilt das trotzdem nicht immer als Pauschalreise – nämlich dann nicht, wenn Urlauber die Leistungen separat buchen. Für diesen Fall schafft das neue Reiserecht nun eine eigene Kategorie. Sie heißt „verbundene Reiseleistung“ und bietet künftig zumindest einen Basisschutz. So muss der Anbieter seine Kunden vorab über ihre Rechte informieren und sich gegen Insolvenz absichern. Allerdings: Bei Mängeln müssen sich Reisende weiterhin an den jeweiligen Leistungserbringer wenden – etwa an die Autovermietung, das Hotel oder die Veranstaltungsagentur.

WORAUF MAN ACHTEN MUSS

Verbraucherschützer sehen in der neuen Kategorie eine Gefahr. Unternehmen könnten den Buchungsverlauf nämlich so gestalten, dass sie nur noch Anbieter von verbundenen Reiseleistungen sind. „Dann müssen sie sich nur noch gegen Insolvenz für das entgegengenommene Kundengeld absichern“, sagt Felix Methmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Entscheidend ist ein Detail: Bekommt der Kunde eine Gesamtabrechnung, hat er eine Pauschalreise gebucht. Bei Einzelrechnungen gilt der Urlaub lediglich als verbundene Reiseleistung. Weitere Ausnahmemöglichkeiten sind aber nicht vorgesehen. Im Gegenteil: „Es gilt ein Umgehungsverbot“, weiß Methmann. „Vom Reiserecht darf nicht zum Nachteil der Reisenden abgewichen werden.“

KATASTROPHENSCHUTZ

Auch bei Naturkatastrophen sind Urlauber künftig besser abgesichert. Kommen sie wegen außergewöhnlicher Ereignisse nicht nach Hause, muss der Reiseveranstalter für bis zu drei Nächte eine Unterkunft zahlen. Ein weiterer Pluspunkt: Kommt ein Reisender körperlich zu Schaden, kann der Reiseveranstalter seine Haftung nicht mehr nur auf den dreifachen Reisepreis beschränken.

MEHR ZEIT, MEHR INFOS

Wer einen Urlaub bucht, wird künftig auch ausführlicher über seine Rechte aufgeklärt. So müssen Anbieter etwa die Entlastungsgründe bei Schadensersatzansprüchen ausdrücklich aufzählen. Außerdem bekommen Reisende deutlich mehr Zeit, ihre Mängelansprüche geltend zu machen. Mussten Ansprüche auf Schadensersatz bislang immer innerhalb eines Monats nach Ende des Urlaubs gestellt werden, geht das künftig auch noch zwei Jahre danach. Allzu lange sollten Betroffene dennoch nicht warten. Denn sie müssen die Mängel auch nachweisen. Und das kann mit der Zeit schwieriger werden.

DIE REISE KANN TEURER WERDEN

Das neue Reiserecht bringt aber auch den Veranstaltern Vorteile. Und manche davon gehen zulasten der Urlauber. So dürfen Anbieter künftig ihre Preise auch noch kurzfristig erhöhen – und zwar noch bis 20 Tage vor Reiseantritt. Beträgt die Preisänderung dabei nicht mehr als acht Prozent, dürfen die Urlaubswilligen trotz der Verteuerung auch nicht von der Reise zurücktreten. Für eine vierköpfige Familie kann das teuer werden. „Bei einer typischen vierzehntägigen Flugreise zum gebuchten Preis von 3400 Euro muss sie damit rechnen, noch einmal bis zu 272 Euro draufzuzahlen“, rechnet Methmann vor. Bisher durften Veranstalter den Reisepreis nicht mehr ändern, wenn zwischen Buchung und Reiseantritt vier Monate lagen. Allerdings müssen sich die Aufschläge unmittelbar aus höheren Kosten der Veranstalter ergeben, etwa durch höhere Treibstoffkosten oder Flughafengebühren.

VERONA STATT GENUA

Die Anbieter dürfen künftig außerdem auch ihre Leistungen ändern, das gilt auch für wesentliche Fragen. „Sie können bei einer Italien-Rundreise zum Beispiel nach Verona statt nach Genua fliegen“, sagt Methmann. Zwar dürfen Betroffene die Reise dann kostenlos stornieren, müssen aber auch auf ihren Urlaub verzichten. „Im Zweifel werden Verbraucher daher in den sauren Apfel beißen“, ist Methmann überzeugt. Bei unerheblichen Änderungen der Reise gibt es zudem künftig kein Stornierungsrecht mehr. Wer für eine Türkei-Rundreise etwa ein bestimmtes anatolisches Bergdorf gebucht hat, kann stattdessen auch ein vergleichbares bekommen.

KEIN SCHUTZ FÜR TAGESREISEN

Harte Einschnitte müssen Urlauber bei Ferienhäusern und Tagesreisen bis 500 Euro hinnehmen. Denn die sollen künftig gar nicht mehr unter das Reiserecht fallen. Entsprach das Ferienhaus nicht der Beschreibung, so konnten sie bislang Geld für entgangene Urlaubsfreude zurückfordern. Und auch wer wegen eines verspäteten Reisebusses eine gebuchte Veranstaltung verpasste, bekam eine Entschädigung. „Künftig“, warnt Methmann, „bleiben Verbraucher auf solchen Schäden sitzen.“

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