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Wirtschaft - 14.01.2019

Pofalla wird Krisenmanager bei der Deutschen Bahn

Die Bundesregierung pocht auf ein Ende der Pannenserie bei der Deutschen Bahn. Ein konzernübergreifender Krisenmanager ist nur eine von vielen Ideen.

Das DB-Vorstandsmitglied Ronald Pofalla.

Die Probleme bei der Deutschen Bahn soll jetzt Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla als konzernübergreifender Krisenmanager bis zum Sommer in den Griff bekommen. Das berichtet die „Bild am Sonntag“. Darauf habe sich der frühere Kanzleramtsamtschef mit Bahn-Chef Lutz geeinigt. Am Dienstag wollen Lutz, Pofalla und Finanzvorstand Alexander Doll Bundesverkehrsminister Scheuer ein Konzept vorstellen.

Am Dienstag müssen Bahnchef Richard Lutz und seine Vorstandskollegen der Bundesregierung Pläne für Wege aus der Krise des Logistikkonzerns präsentieren. Unter anderem geht es darum, die verschlechterte Pünktlichkeit zu erhöhen und mehr Verkehr auf die Schiene zu holen. Probleme bereiten nicht nur viele Verspätungen, sondern auch das kriselnde Gütergeschäft. Andererseits fährt das Unternehmen seit Jahren Rekorde bei den Fahrgastzahlen ein.

Scheuer erwartet nach Aussage eines Sprechers, dass sich die Qualität bei der Bahn „schon im laufenden Halbjahr spürbar verbessert“. Es gehe vor allem um Pünktlichkeit und darum, dass ICE-Züge zu häufig in Wartungshallen seien. „Es muss sich also insgesamt für die Kunden spürbar etwas verbessern, und zwar zügig“, sagte der Sprecher am Freitag. Auch der Güterverkehr sei ein großes Thema: „Wir sind in einer wirtschaftlich hervorragenden Lage. Da kann es nicht sein, dass die Sparte des Güterverkehrs bei der Bahn so stark schwächelt.“

Lutz zeigte sich zuversichtlich, „dass wir im ersten Halbjahr dieses Jahres Schritt für Schritt besser werden“. Mit dem Aufsichtsrat sei für 2019 ein Pünktlichkeitsziel im Fernverkehr von 76,5 Prozent vereinbart worden, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Dies wäre allerdings nur eine leichte Verbesserung. Im vergangenen Jahr war jeder vierte Fernzug der Deutschen Bahn verspätet gewesen. Im Jahresdurchschnitt erreichten nur 74,9 Prozent der ICE, Intercitys und Eurocitys ihre Ziele pünktlich.


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Die Gewerkschaft EVG sprach sich vor dem Krisentreffen am Dienstag für einen radikalen Umbau des Staatskonzerns aus. „Die DB AG wird in der heutigen Form nicht überlebensfähig sein“, sagte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie stellvertretende Bahn-Aufsichtsratschef Alexander Kirchner. „Nach meiner Einschätzung brauchen wir eine Bahnreform 2.“ Dazu gehöre, dass Fehlentwicklungen im Gesamtsystem endlich angegangen werden. „Nur Vorstände auszutauschen, reicht nicht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es sei auch mehr Geld vom Bund als Bahn-Eigentümer nötig.

Wachsenden Finanzbedarf für mehr Züge und Personal

Angesichts fehlender Milliarden sind auch Anteilsverkäufe im Gespräch, um den wachsenden Finanzbedarf für mehr Züge und Personal zu decken. Dazu gehört eine mögliche Veräußerung der Auslandstochter Arriva, in der das Geschäft mit Bussen und Nahverkehrszügen im Ausland gebündelt ist. Spekuliert wird auch immer wieder über den Verkauf der international tätigen Logistiktochter DB Schenker. Rund ein Drittel der 330.000 DB-Mitarbeiter ist inzwischen im Ausland tätig. Der Konzern ist mit knapp 20 Milliarden Euro verschuldet.

Kirchner sprach sich für eine ehrliche Analyse der Gesamtsituation aus. „Es muss klar werden, was in den zurückliegenden 25 Jahren seit der Bahnreform falsch gelaufen ist“. Alle müssten bereit sein, Fehler einzugestehen. Nur so sei die Trendwende zu schaffen. „Und wir brauchen mehr Geld vom Bund, damit die Schiene ihren Beitrag zu einer ökologischen Verkehrswende leisten kann“, sagte der EVG-Chef weiter.

Die bisher im Bundeshaushalt bewilligten Summen reichen laut Kirchner nicht einmal, um die vorhandene Infrastruktur zu erhalten. Der Investitionsstau betrage rund 50 Milliarden Euro. Um eine Trendwende zu erreichen, müssten im Bundeshaushalt jedes Jahr mindestens 2,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Die Passagierzahlen bis 2030 verdoppeln zu wollen, sei ein hehres Ziel. Es reiche aber nicht, das im Koalitionsvertrag festzuschreiben: „Es muss auch Geld da sein, all das zu bezahlen, was an Voraussetzungen notwendig ist.“

Neue Köpfe im Vorstand lösen aus Sicht Kirchners nicht zwangsläufig die aktuellen Probleme, „wenn nicht die tiefgreifenden Probleme angegangen werden.“ Die Strukturen im Unternehmen müssten flacher und schlanker werden. Es gebe zu viele Hierarchien mit einem viel zu großen Wasserkopf. Allein im Personenverkehr sei die Zahl der Mitarbeiter in der Verwaltung in den vergangenen sieben Jahren um über 100 Prozent auf 3300 Mitarbeiter gewachsen. Gleichzeitig seien an der Basis Stellen gestrichen worden.

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ favorisiert die Bahnführung einen raschen Arriva-Verkauf. Das könnte dem Konzern noch in diesem Jahr 3,5 Milliarden bis vier Milliarden Euro in die Kassen spülen, schreibt das Blatt. Die britische Tochter solle komplett an Investoren verkauft werden. Bei einem Beschluss könnte das Geschäft schon im zweiten Halbjahr über die Bühne gehen.

Bahn-Aufsichtsratsvize Kirchner sagte, einem Verkauf von Arriva dürfe er nur zustimmen, „wenn klar ist, dass das Geld auch bei der Bahn landet – und nicht beim Finanzminister“. Ein Schritt in die Zukunft wäre der Rückzug aus dem europäischen Geschäft nach seinen Worten nicht. Zumal es durch den Verkauf einen Wettbewerber mehr in Deutschland gäbe: „Das sollte sich die DB AG gut überlegen.“ Sich allein auf den Schienenverkehr in Deutschland zu konzentrieren, im Ausland aber nichts zu machen, könne nicht die Lösung sein. (dpa)

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