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Wirtschaft - 14.06.2019

Rendite mit Wind

Deutschland setzt stärker auf erneuerbare Energien. Trotzdem brauchen Anleger starke Nerven, wenn sie in Windaktien investieren wollen. Was sie beachten sollten.

Windenergieaktien können hohe Renditen erwirtschaften.

Frischer Wind fürs Depot oder eher Gegenwind fürs Geld? Je nachdem. Trotz des günstigen politischen Klimas und des massiven Zubaus weltweit entwickelten sich Windenergieaktien in den vergangenen Jahren eher durchwachsen. Zwar gingen die Kurse des Rostocker Unternehmens Nordex oder der dänischen Vestas zuletzt mit einem Jahresplus von 53 und 45 Prozent durch die Decke. Doch zeigt der Blick zurück: Anleger brauchten mit Windaktien stets gute Nerven.

DIE ENTWICKLUNG

Die Vestas-Aktie zum Beispiel sackte zwischen 2000 und 2003 von rund 66 auf gut acht Euro ab, bevor sie bis 2008 auf 93 Euro stieg. Anschließend ging es bis 2012 wieder auf 3,20 Euro runter, bevor sich der Kurs bis 2017 auf 84 Euro versechsundzwanzigfachte. Aktuell notiert der dänische Windkonzern nach neuerlichem Absturz auf gut 50 wieder bei 81 Euro. Wer vor zehn Jahren eingestiegen war, hat dennoch einen Verlust im Depot. Wer dagegen 2012 im Tief 1000 Vestas-Aktien gekauft und 3200 Euro investiert hatte, besitzt nun Papiere im Gegenwert von gut 81.000 Euro.


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Parallel dazu hat sich die weltweit installierte Windenergie-Leistung in der vergangenen Dekade nahezu verfünffacht, von 120 auf 591 Gigawatt Ende 2018. Gerade in Deutschland, wo ja in den kommenden 19 Jahren Atomkraft, Braunkohle und Steinkohle abgeschaltet werden sollen, stockt jedoch der Ausbau der Windenergie. 2018 brach der Zubau von Windrädern um 55 Prozent auf 2400 Megawatt ein. Für dieses Jahr erwartet der Bundesverband Windenergie nur noch ein Plus von 1500 Megawatt. Branchenkenner sehen bei 30518 Windanlagen gewisse Sättigungseffekte im deutschen Markt. Dies hat nicht nur mit immer weniger geeigneten Standorten zu tun, sondern auch mit den gesetzlichen Voraussetzungen: Die Genehmigungsverfahren werden immer länger. Zudem: Seit 2017 größere Anlagen nicht mehr mit einer fixen Einspeisevergütung subventioniert werden, sondern in einem Bieterverfahren jene zum Zuge kommen, die die geringste Förderung verlangen, hat sich die Zahl der Bieter zuletzt immer stärker reduziert, zuletzt sogar bis auf null. Zudem steigt der Widerstand der Bevölkerung gegen den Neubau: 80 Prozent aller Projekte landen vor Gericht. Drittens nagen immer wieder heftige Preiskämpfe an den Renditen für die Anlagenbauer. Und viertens zeigen sonnige Tage wie jüngst zu Ostern, was die automatische Einspeisung und Vergütung von Wind- (und Sonnen-)Strom für die Verbraucher bedeuten kann: Weil Sonne und Wind reichlich Strom lieferten, ein Herunterfahren der konventionellen Kraftwerke aber nicht rentabel ist, mussten zwar die Energiekonzerne Prämien für die Stromabnahme zahlen. Für die Endkunden jedoch führt die zusätzliche Einspeisevergütung zu immer höheren Strompreisen.

Jüngster Höhepunkt der Branchenprobleme: Der Hamburger Anlagenbauer Senvion, seit 2016 als Nachfolger von Repower an der Börse, musste Konkurs anmelden. Wer die Aktie damals zu 15,75 Euro gekauft hatte, sitzt aktuell auf Verlusten von 93 Prozent.

DIE ANBIETER

Die großen vier der Windbranche weltweit sind: die dänische Vestas, Goldwind aus China, General Electric Renewable Energy aus den USA und Siemens Gamesa, die zusammen für 57 Prozent aller neu installierten Windenergieanlagen stehen. Weltmarktführer mit einem Marktanteil von 22 Prozent ist Vestas aus dem dänischen Aarhus. Auf Platz zwei folgt Goldwind, der aber bisher kaum außerhalb Chinas aktiv ist. Gemessen an der 2018 installierten Leistung folgen danach GE Renewable Energy, Siemens Gamesa, Envision, der nicht an der Börse notierte größte deutsche Hersteller Enercon, Ming Yang und die deutsche Nordex mit 2,43 installierter Leistung.

Auf Jahressicht liegt beim Vergleich der Kurse Nordex mit einem Plus von 53 Prozent vorne. Getrieben wurde die Aktie von gefüllten Auftragsbüchern: Allein im ersten Quartal hatten Kunden aus 13 Ländern Turbinen mit einer Leistung von 1,03 Gigawatt bestellt. Der Markt ignorierte dabei jedoch, dass die Bestellungen im Vorjahr noch sehr viel größer ausfielen. Zudem mehren sich Zweifel, dass die Aufträge tatsächlich in Gewinne transferiert werden können. Im vergangenen Jahr stand ein Minus von 84 Millionen Euro in den Büchern. 2020 will Nordex schwarze Zahlen schreiben.

Auch Vestas meldet eine gut gefüllte Auftrags-Pipeline. Allein im März gingen Bestellungen im Umfang von 1,7 Gigawatt bei den Dänen ein. Zudem verdient der Weltmarktführer inzwischen auch mit der massiv wachsenden ServiceSparte und der immer stärker nachgefragten Teilbranche Offshore, also dem Windradbau im Meer, gutes Geld. Vestas gehört zu den Wind-Urgesteinen, ist seit 1976 am Markt und beschäftigt inzwischen in 26 Ländern rund 23000 Menschen im Windmanagement. Die Aktie liegt auf Jahressicht 45 Prozent im Plus.

DIE ALTERNATIVEN

Anleger, die es nicht wagen, einzelne Papiere aus dem Wind-Universum auszusuchen, können auch auf einen Index setzen. Eine Möglichkeit ist etwa der Renixx (Renewable Energy Industrial Index), der allerdings nicht nur Windenergie-Aktien, sondern auch Papiere aus der Solarbranche, aus den Bereichen Geothermie und Wasserkraft oder auch Brennstoffzellentechnik enthält. Dennoch sind alle großen Windaktien vertreten, dazu kleinere Aktien wie Brookfield (ein kanadischer Windparkbetreiber) oder Orsted, ein dänischer Konzern, der vor allem in der Wachstumssparte Offshore engagiert ist und seit April 2018 um 28 Prozent zugelegt hat. Die Fonds für erneuerbare Energien enthalten ebenfalls alle auch Windpapiere. Am besten haben sich auf Sicht eines Jahres der Blackrock Sustainable Energy (plus 11 Prozent), der Pictet Clean Energy (plus 9,9), der Robeco Smart Energy (plus 9,2) und der Vontobel New Power (plus 7,7) geschlagen. In fast allen werden vor allem die beiden Dänen Vestas und Orsted höher gewichtet als andere Windpapiere.

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