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Wirtschaft - 14.05.2019

Teilzeit auf Zeit

Mit dem Recht auf Brückenteilzeit können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeitwünsche leichter umsetzen, erklärt Arbeitsrechtlerin Marta Boening.

Kürzer arbeiten oder von Teilzeit auf Vollzeit aufstocken – beides wird durch das neue Gesetz einfacher.

Unser Leser fragt: In unserer Firma, wir sind rund 100 Angestellte, ist gerade Thema, dass ab diesem Jahr die Beschäftigten neue Rechte haben, ihre Arbeitszeiten an ihre Bedürfnisse anzupassen. Nun würde ich gern für ein Jahr kürzer treten und zwei Kolleginnen ihre Arbeitszeit verlängern. Ist das möglich?

Die Arbeitsrechtlerin vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) antwortet: Seit dem 1. Januar haben Beschäftigte mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts neue Möglichkeiten, ihre Arbeitszeitwünsche durchzusetzen.


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Für Teilzeitbeschäftigte etwa wird es leichter, ihre Arbeitszeit aufzustocken. Schon vor der Reform waren sie bei Stellenbesetzungen bevorzugt zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber konnte den Wunsch nur bei entgegenstehenden Arbeitszeitwünschen anderer Beschäftigter oder aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen – daran hat sich nichts geändert. Neu ist: Beschäftigte müssen nicht mehr belegen, dass ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und sie für diesen gleich geeignet sind wie andere Bewerber. Nun müssen die Arbeitgeber belegen, dass es keinen entsprechenden, freien Arbeitsplatz gibt und Aufstockungswillige nicht gleich geeignet sind wie Mitbewerber.

Die Chefin entscheidet, ob ein neuer Kollege kommt

Der Arbeitgeber muss aber nicht jeden Aufstockungswunsch berücksichtigen. Er entscheidet nach wie vor, ob eine Stelle neu besetzt werden soll. Ihre Kolleginnen können nicht fordern, dass eine freie Stelle unter ihnen aufgeteilt wird. Ihr Arbeitgeber kann aber auch nicht willkürlich entscheiden, dass er freie Stellen nur mit Teilzeitkräften besetzt, anstatt Arbeitszeiten von Teilzeitkräften zu verlängern. Bei mehreren Personen mit Aufstockungswunsch muss er seine Auswahl nach billigem Ermessen treffen – und die Interessen Ihrer Kolleginnen berücksichtigen. Ist geplant, eine Stelle zu besetzen, sollten Ihre Kolleginnen ihren Aufstockungswunsch in Textform (E-Mail reicht aus) anzeigen.

Für Firmen mit mehr als 45 Beschäftigten

Ihren Wunsch, ein Jahr weniger zu arbeiten, können Sie über das neue Recht auf befristete Teilzeit, die „Brückenteilzeit“, realisieren. Es gilt bei Arbeitgebern mit mehr als 45 Beschäftigten und für Mitarbeiter, die zwischen einem und fünf Jahren ihre Arbeitszeit reduzieren wollen. Der Antrag muss spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn gestellt werden und sollte Wunschzeitraum und -verteilung der Arbeitszeit aufführen. Nur wenn der Wunsch die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht, kann er abgelehnt werden.

– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de

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