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Wirtschaft - 06.01.2019

Warum Berlin jetzt einen neuen Standort suchen sollte

Der BER wird schon bei der Eröffnung weitgehend ausgelastet sein. Ein Flughafen-Standort in „mittlerer“ Entfernung könnte Abhilfe schaffen. Ein Gastbeitrag.

Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am BER (Archiv)

In den vergangenen Tagen und Wochen war viel zum Ausbau und den Kapazitäten am neuen Flughafen BER zu lesen. Kaum ein Projekt bewegt die Gemüter in ganz Deutschland und vor allem in der Hauptstadtregion so sehr wie der immer noch nicht fertigstellte „Großflughafen“ Berlin-Brandenburg International. Und ja, nicht nur das Beispiel Atlanta, bei dem eine Stadt große Unternehmen zu sich gelockt und einen zunächst überdimensionierten Flughafen gebaut hat, zeigt, wie erfolgreich eine solche strategische Entscheidung sein kann.

Um es vorweg zu nehmen: Ich bin mir sehr unsicher, ob der BER im Jahr 2020 eröffnen wird, obwohl es so unglaublich wichtig wäre für Berlin und die Metropolenregion. Die SPD in Berlin glaubt mit einem fast schon anbetungsgleichen Vertrauen an Herrn Prof. Dr. Lütke Daldrup, der sich für mich zunehmend als Teil des Problems und nicht mehr Teil der Lösung darstellt. Auch Rainer Schwarz ist zu seiner Zeit als Flughafenchef auf jeder Veranstaltung in Berlin gesichtet worden, das operative Geschäft blieb oftmals liegen. Viel PR aber, wie aus dem Umfeld der Gesellschaft zu vernehmen ist, die eigentlichen Probleme werden nicht angepackt oder – schlimmer noch – möglicherweise von der Geschäftsführung gar nicht erkannt.

Natürlich ist die Flughafengesellschaft gemeinsam mit der Bundespolizei für den Abruf der Sicherheitskräfte zuständig. Ebenso wie für Kabelschächte an den Start- und Landebahnen, die unter Wasser stehen. Und diese Probleme waren und sind dem Geschäftsführer bekannt?

Welches Flughafensystem braucht die Region?

Diese aktuelle Situation verdeckt aber eine viel wichtigere Debatte, die dringend notwendig wäre: Welches Flughafensystem benötigt die deutsche Hauptstadtregion um leistungsfähig zu sein (den derzeitigen Flugverkehr aufnehmen zu können) und neue Kapazitäten für das wirtschaftliche Wachstum und das Bevölkerungswachstum der Region vorzuhalten? Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Berlin (MIT Berlin) hat schon im Jahr 2017 einen Beschluss gefasst, dass der Flughafen Tegel so lange geöffnet bleiben muss, bis der BER „funktioniert“. Dies wird mit Sicherheit nicht sofort nach der Eröffnung der Fall sein, auch nicht sechs Monate danach, bei allen Problemen, die wir heute kennen – oder noch nicht kennen. Ich bin davon überzeugt, dass es aber Tegel in zehn Jahren nicht mehr als Flughafen geben wird.


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Dies bedeutet aber auch, dass wir bereits heute eine ehrliche Debatte darüber führen müssten, ob wir nicht einen neuen Standort für einen wirklichen Großflughafen für Berlin-Brandenburg suchen müssen. Und dies idealerweise nicht nur für Passagiere aus der Hauptstadtregion, sondern auch für die aus anderen östlichen Bundesländern und dem westlichen Teil Polens. Die Debatte darum wird lange dauern. Sie muss aber auch in Deutschland möglich sein. Ich persönlich würde mich auch auf keinen Standort festlegen, sondern Planer und Ingenieure ohne jede Vorfestlegung entscheiden lassen.

Das Wirtschaftswachstum hängt von Flughafenkapazitäten ab

Machen wir uns nichts vor, der BER (hier alle Texte zum Thema) wird ein mittelgroßer, stadtnaher Flughafen sein, dessen Kapazität, egal wie man rechnet, schon bei der Eröffnung weitestgehend erschöpft sein wird. Und Berlin wird weiter Richtung Flughafen und um ihn herum wachsen. Langstreckenairlines werden kaum eine Chance haben, hier Slots und gute Bedingungen bei der Abfertigung zu bekommen. Die Region braucht aber bei stetig zunehmender Globalisierung eine internationale Anbindung.

Christian Gräff (40) ist seit 2016 Mitglied der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus und dort unter anderem…

Das derzeitige wirtschaftliche Wachstum Berlins und damit auch direkt die Arbeitsplätze der Gegenwart und der Zukunft hängen von solchen direkten Anbindungen ab. Und warum nicht mit modernsten Infrastruktursystemen einen Flughafen in „mittlerer“ Entfernung zu Berlin errichten, der dann auch langfristig wachsen kann?

Entscheidungen der Vergangenheit können wir nicht revidieren. Aber die richtigen Entscheidungen für die Zukunft der kommenden 50 Jahre und darüber hinaus treffen: Das ist die Aufgabe der Politik von heute! Dazu gehört Weitsicht und Mut. Das sind nicht immer Eigenschaften, die den jetzigen Senat auszeichnen. Deswegen braucht es noch öfter die Stadtgesellschaft und Opposition, um diese Ideen anzuregen.

Der Gastautor Christian Gräff ist der Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU-Berlin und Mitglied der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

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