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Wirtschaft - 09.05.2019

Warum Trump so poltert

Beflügelt von guten Wirtschaftsdaten gefährdet der US-Präsident die Handelsgespräche mit China. Das verheißt nichts Gutes für Europa.

Der Handelskrieg mit den USA hat Chinas Exporte im April überraschend stark fallen lassen.

Dass Donald Trump bei seinen „Make America Great Again“-Rallys so richtig aufdrehen kann, ist bekannt. Hier, vor seinen treuesten Anhängern, poltert der US-Präsident, was das Zeug hält, beleidigt auch mal gerne, aber er gibt manchmal auch Auskunft über das, was er wirklich denkt. Sein Auftritt am Mittwochabend in Panama City Beach in Florida war dafür mal wieder ein Lehrstück. Vor Tausenden von begeisterten Fans erklärte er, China stehle amerikanische Jobs. Das werde er nicht hinnehmen. Es gebe nämlich gar keinen Druck, ein Handelsabkommen zu schließen. Wenn es zu keinem Deal komme, sei „nichts falsch daran, 100 Milliarden Dollar im Jahr mehr einzunehmen“.

Zuvor hatte Trump via Twitter damit gedroht, schon an diesem Freitag Importzölle auf chinesische Produkte im Volumen von 200 Milliarden Dollar auf 25 Prozent zu erhöhen – zeitgleich zu den laufenden Gesprächen in Washington. Ihn stört vor allem das riesige Defizit seines Landes im Handel mit China, er fordert eine Öffnung des dortigen Marktes, einen besseren Schutz von geistigem Eigentum und vor erzwungenen Technologie-Transfers in der Volksrepublik.

Die Märkte reagieren besorgt

Dass Trump in einer extrem heiklen Phase der Handelsgespräche zwischen den USA und China dermaßen den starken Mann gibt, besorgt so manchen professionellen Beobachter. So zitierte der US-Sender CNBC Chris Rupkey, Geschäftsführer und Chefökonom des weltweit agierenden Finanzkonzerns MUFG, mit den Worten: „Wir wissen nicht, an wen die Rede des Präsident (…) gerichtet war, aber ganz sicher jagt sie den Finanzmärkten eine Höllenangst ein.“

Andererseits zeigt die Rede auch, wie sicher der US-Präsident sich seiner Verhandlungsposition zu sein scheint, und diese Sicherheit zieht er aus den derzeit sehr guten Wirtschaftsdaten. So erholte sich das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2019 kräftig, die Inflationsrate bleibt niedrig, die Arbeitslosenquote sank im April auf 3,6 Prozent, den tiefsten Wert seit fast 50 Jahren. Gleichzeitig ist die Produktivität zu Jahresbeginn überraschend deutlich gestiegen: im Vergleich zum Vorquartal um 3,6 Prozent, der stärkste Anstieg seit dem Jahr 2014. Kein Wunder, dass die Stimmung unter den Konsumenten gut ist, was wiederum die Nachfrage steigen lässt. Die Menschen profitieren von höheren Löhnen und mehr Jobs.

Trump: Das ist mein Wirtschaftsboom

Der Präsident verkündet fröhlich nicht nur, dass dies sein Boom sei, sondern dass auch die von ihm verhängten neuen Zölle dabei geholfen hätten. „In den vergangenen zehn Monaten hat China den USA Zölle von 25 Prozent aus 50 Milliarden High-Tech-Produkte und zehn Prozent auf 200 Milliarden Dollar für andere Waren gezahlt“, twitterte er Anfang der Woche. „Die zehn Prozent werden am Freitag auf 25 Prozent steigen.“

Passend dazu meldete das Handelsministerium am Donnerstag, dass das von Trump so kritisierte Defizit im Warenhandel mit der Volksrepublik auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren gefallen ist. Es sank im März um 16,2 Prozent auf 20,7 Milliarden Dollar. Die Importe aus China verringerten sich um 6,1 Prozent, während die US-Exporte nach China getrieben von einem Exportboom bei Sojabohnen um 23,6 Prozent nach oben sprangen.

Sein immenses Selbstbewusstsein lässt Trump große Risiken eingehen. Denn nicht nur ignoriert er die wirtschaftlichen Risiken eines eskalierenden Handelsstreits – die Reaktion der Finanzmärkte zeigt die großen Sorgen –, sondern auch, dass Zölle auch Produkte für Amerikaner verteuern. Einfuhrzölle belasten zunächst einmal den, der importiert. Der Importeur kann sie an die Verbraucher weitergeben, weniger verdienen – oder weniger importieren, nur das würde China spüren. Das tut es zwar bereits: Chinas Warenaustausch mit den USA sackte im April um 15,7 Prozent ab. Wenn aber ein Durchbruch bei der am Donnerstag begonnenen zweitägigen Handelsrunde nicht gelingt, drohen beide Seiten Schaden zu nehmen.

China ist an einer Einigung interessiert

Die Kompromissbereitschaft Chinas zeigt die Tatsache, dass der Chefunterhändler, Vizepremier Liu He, mit nach Washington gekommen ist – obwohl Trump den Chinesen vorwarf, das geplante „Abkommen gebrochen“ zu haben. US-Regierungskreisen zufolge hat China bei fast allen Punkten einen Rückzieher gemacht. In einer 150-seitigen Vorlage habe China Passagen zu Kernforderungen der US-Seite wie Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungener Technologie-Transfer und Währungsmanipulationen gestrichen. Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums wies diese Vorwürfe zurück.

Nichts Gutes verheißt das Auftreten des US-Präsidenten zudem für die Handelsgespräche mit Europa. Auch hier droht Trump mit Strafzöllen auf Autoimporte. Eine Entscheidung dazu wird er aller Voraussicht nach in genau einer Woche treffen. Da beginnt eine Frist, innerhalb derer er auf einen Bericht seines Handelsministeriums reagieren soll, der beurteilt, ob Auto-Importe eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen. Würde Trump Zölle auf Autos von bis zu 25 Prozent einführen, würde das vor allem das Autoland Deutschland belasten.

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