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Wirtschaft - 13.06.2019

Welche Daten die neue Lidl-App von den Kunden sammelt

Mit der neuen App will der Discounter, was für Onlineshops längst an der Tagesordnung ist: Kundendaten auswerten. Datenschützer sehen das Vorgehen kritisch.

Wer die App „Lidl Plus“ beim Einkauf scannt, gewährt dem Discounter Einblick ins eigene Kaufverhalten.

Für Lidl wird die Region Berlin-Brandenburg in den kommenden Monaten zum Testlabor. Denn ab dem heutigen Donnerstag startet der Discounter das Bonus-Programm „Lidl Plus“, eine „digitale Kundenkarte“, wie der Supermarkt selbst es nennt. Kunden müssen dafür die gleichnamige App auf ihr Smartphone laden und können damit in allen rund 250 Filialen in der Region von Sonderangeboten profitieren. 2020 will Lidl die Funktion bundesweit einführen.

Doch das gibt es natürlich nicht umsonst. Zwar zahlen die Kunden für die App nicht mit Euros – im Gegenteil fürs Downloaden gibt es sogar einen Fünf-Euro-Gutschein bei einem Einkaufswert von mindestens 25 Euro –, sondern mit Daten. Scannt man den QR-Code seiner App beim Zahlen im Discounter, erlaubt man dem Discounter einen umfangreichen Einblick in das eigene Kaufverhalten.


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Lidl erfasst dann, „die von Ihnen besuchte Filiale, die von Ihnen erworbenen Produkte nach Art, Menge und Preis, die von Ihnen eingelösten Coupons, die Bon-Summe sowie den Zeitpunkt des Bezahlvorgangs und den Typen der verwendeten Zahlungsmittel“, heißt es in den Datenschutzbestimmungen zu „Lidl Plus“. Zudem registriert das Unternehmen bei jeder Nutzung der App unter anderem angeschaute und aktivierte Coupons, das Klickverhalten sowie die eigene „Stammfiliale“.

Es gibt bereits vergleichbare Programme

Auf Grundlage dieses Kundenprofils kann die App dem Kunden dann die Angebote unterbreiten, von denen Lidl annimmt, der Kunde brauche sie zu gerade dieser Zeit. Dass Kunde A in der App jedoch andere Preise als Kunde B angezeigt bekommt, ist trotz anderslautender Medienberichte nicht der Fall. „Bis auf weiteres planen wir keine individualisierten Angebote auf der Basis von Kundendaten“, teilt das Unternehmen auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Ein Preisunterschied besteht allerdings sehr wohl für App-User im Gegensatz zu Kunden, die „Lidl Plus“ nicht nutzen.

Lidl versucht damit einen großen Nachteil des stationären gegenüber dem Handel im Internet auszugleichen. Denn hier ist es an der Tagesordnung und technisch problemlos möglich, dass die Daten der Kunden gesammelt und ausgewertet werden. Über Kundenbindungsprogramme wie Payback wird das auch im Einzelhandel versucht, einige Anbieter wie Ikea mit der „Family Card“ sammeln im Gegenzug zu Sonderleistungen und Rabatten ebenfalls seit Jahren Kundendaten. „Lidl Plus“ ist bislang bereits in Ländern wie Österreich, Nordspanien, Polen und Dänemark am Markt.

Datenschützer sehen „Lidl Plus“ kritisch

In der Branche ist solch ein Vorgehen umstritten. Auch Datenschützer sehen derlei Programme kritisch. So kündigt der Landesbeauftragte für den Datenschutz von Baden-Württemberg an, die „Lidl Plus“-App zu prüfen. „Zum Beispiel die Frage, ob es zulässig ist, von Kindern solche Kundenprofile zu erstellen“, erläutert Stefan Brink (FDP) dem Tagesspiegel. Kinder hätten ja häufig bereits ab der weiterführenden Schule Smartphones. „Es muss geprüft werden, inwieweit die Eltern hier mit einbezogen werden.“

Zudem müsse Lidl ganz transparent und für jeden verständlich machen, wozu welche Daten erhoben werden. „Hier dürfen keine schwammigen Formulierungen genutzt werden“, warnt Brink, der zuständig ist, weil Lidls Hauptsitz im baden-württembergischen Neckarsulm liegt. „Und wir beobachten, ob besonders sensible Daten erhoben werden und wie sie verarbeitet werden, etwa Gesundheitsdaten“, fügt er an. „So kann man anhand des Kaufverhaltens beispielsweise schlussfolgern, dass ein Kunde Magnesiummangel hat.“

Insgesamt wertet der Datenschützer „Lidl Plus“ als einen weiteren Schritt hin zum gläsernen Kunden. Besonders das Instrument der Geolokalisation sei sehr wirkungsvoll. „So kann Lidl wissen, ob Sie gerade auf dem Sofa sitzen oder schon im Supermarkt sind“, erklärt Brink. „Und um Sie vom Sofa zu bekommen, schickt Lidl bestimmt ganz andere Angebote, als wenn Sie schon im Laden sind.“ Wenn Lidl zum Beispiel wisse, dass man jeden Donnerstagabend Nutella kaufen, dann könne es durchaus wirkungsvoll sein, genau zu dieser Zeit ein Sonderangebot für die Schokocreme der Lidl-Eigenmarke zu schicken.

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