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Wirtschaft - 12.07.2019

Wenn der Dienstwagen an der Steckdose hängt

Elektroautos als Dienstwagen sollen steuerlich stärker gefördert werden, darin sind sich Regierung und Opposition ausnahmsweise einmal einig.

Nummer eins. Tesla hängt die deutschen Marken ab und ist aktuell der beliebteste Elektro-Dienstwagen.

Wer Anspruch auf einen Firmenwagen hat, kann mit zusätzlichen Steuervorteilen rechnen – sofern die Wahl auf ein Elektroauto fällt. Parteiübergreifend wird erwogen, Dienstwagen stärker nach ökologischen Kriterien zu besteuern.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat bereits Ende Mai eine stärkere Staffelung der Steuer vorgeschlagen. Im Rahmen eines größeren Gesamtpakets plädierte er dafür, „klimafreundliche Dienstwagen stärker zu fördern“ – etwa durch eine weitere Senkung der steuerlichen Bemessungsgrundlage.


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So sollte die private Nutzung eines rein elektrischen Dienstwagens nach Scheuers Vorstellung nur noch mit 0,25 Prozent des inländischen Bruttolistenpreises versteuert werden, statt mit 0,5 Prozent. Kürzlich bekräftigte der Minister seinen Vorschlag einer stärkeren Staffelung – nicht nur für Elektroautos, sondern auch für andere alternative Antriebe.

Der Finanzminister will Vergünstigungen verlängern

Dienstwagennutzer, die ihr Fahrzeug auch privat fahren, hätten damit einen zusätzlichen Anreiz, auf alternative Antriebe umzusteigen. Für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor gilt generell die Ein- Prozent-Regel. Bei Elektrofahrzeugen und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen (Plug-in-Hybride) wird der Vorteil aus der Nutzung seit Jahresanfang nur noch zur Hälfte besteuert. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will diese bis Ende 2021 befristete Vergünstigung bis 2030 verlängern – mit verschärften Anforderungen.

Nach dem Autogipfel im Kanzleramt Ende Juni steigt der Druck, stärker und differenzierter als geplant, an der Steuerschraube zu drehen, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen.

Verkehrspolitiker aller Parteien stimmen ein: Das SPD-Präsidium beschloss, die verlängerte Steuerbegünstigung von E-Dienstwagen durch eine verdoppelte Kaufprämie für Kompakt- und Kleinwagen unterhalb von 30000 Euro zu flankieren. Die CDU will „die Markteintrittshilfen fortführen“ und „sie auf die verkehrs- und umweltpolitischen Ziele abstimmen“, wie es im Positionspapier des Bundesvorstands heißt. Die Grünen gehen weiter. Sie fordern in ihrem „Sofortprogramm“ ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer mit Gutschriften für E-Autos sowie die Umsetzung der „schon lange geforderten Sonderabschreibungen im Steuerrecht“ auf gewerbliche Fahrzeuge, die auch der Finanzminister plant.

Firmenwagen als Hebele für die Elektromobilität

Es hat sich herumgesprochen, dass nicht der Privatmarkt, sondern geschäftlich genutzte Fahrzeuge in Dienstwagenflotten der geeignete Hebel zur Ankurbelung der Elektromobilität ist. So ist der ohnehin hohe Anteil von gewerblichen Neuzulassungen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres kräftig gestiegen – laut Kraftfahrt-Bundesamt um zwölf Prozent auf knapp 63 Prozent aller Neuwagen.

Der reine Firmenmarkt hat ein jährliches Volumen um die 800000 Pkw- Neuwagen. Während das Segment wächst, ist der Anteil von reinen Elektroautos (BEV) und Plug-in-Hybriden (PHEV) stabil niedrig geblieben. Er liegt nach Angaben des Marktforschers Dataforce seit Jahresanfang bei den „echten“ Firmenwagen (abzüglich der Eigenzulassungen der Hersteller und Händler sowie der Autovermieter) bei 1,3 Prozent (PHEV) beziehungsweise knapp 2,3 Prozent (BEV). Der BEV-Anteil ist seit März sogar rückläufig.

Nach wie vor stark – wenn auch rückläufig – ist der Diesel in den Firmenfuhrparks vertreten. Zuletzt lag er bei 56 Prozent, 2015 waren es noch 74 Prozent.

Das Interesse deutscher Autohersteller an einer stärkeren steuerlichen Förderung der E-Dienstwagen ist nachvollziehbar. Firmenfahrzeuge machen den Großteil ihres Geschäfts aus, immer weniger Kunden schätzen den (gleichwohl noch subventionierten) Diesel und die strengen CO2-Grenzwerte, die ab 2021 gelten, rücken näher. Außerdem haben die Autobauer inzwischen hochpreisige Elektro- und PHEV-Modelle auf dem Markt, die gewerblichen Kunden schmackhaft gemacht werden müssen. Da ist die Hilfe des Finanzministers willkommen.

Tesla hängt deutsche Hersteller ab

Zumal das Firmenkundengeschäft im Elektrobereich bislang vom größten Konkurrenten der Deutschen dominiert wird: Tesla. Mit einem Anteil an den Firmenneuwagen von 12,2 Prozent (1220 Fahrzeuge) in den ersten vier Monaten stehen die Kalifornier 2019 mit dem neuen Model3 auf Platz eins – gefolgt von BMW mit dem i3 (10,5 Prozent) und dem Renault Zoe (9,4 Prozent). Klassische Firmenwagen wie die E-Klasse von Mercedes kommen in der Hybrid-Version nur auf 2,2 Prozent, der 5er BMW auf 5,5Prozent, wie eine Auswertung des Car-Instituts der Universität Duisburg für den Tagesspiegel zeigt. Car-Leiter Ferdinand Dudenhöffer spricht von einer „echten Schlappe für die deutschen Autobauer, deren Kerngeschäft das Firmenfahrzeuggeschäft ist“.

Die von den deutschen Autobauern präferierten Plug-In Hybride seien offenkundig keine „Best Seller“. „Zu teuer“ scheine hier auch bei den Firmenkunden zu gelten, glaubt Dudenhöffer. 

Aber nicht nur beim Preis müssen die Hersteller wettbewerbsfähiger werden – auch bei der Technik. Finanzminister Scholz will PHEV-Dienstwagen nur dann zusätzlich steuerlich fördern, wenn sie ab 2022 bis zu 60 Kilometer elektrisch fahren können und ab 2025 bis zu 80 Kilometer.

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