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Wirtschaft - 22.05.2019

„Wir brauchen eine starke und souveräne EU“

Europa muss mit einer starken Stimme sprechen – gerade jetzt in Zeiten von Protektionismus und politischer Zersplitterung. Ein Gastbeitrag des Airbus-Chefs

Guillaume Faury hat erst im April Tom Enders als Airbus-Chef abgelöst.

Wir schreiben das Jahr 1969. Die europäische Luft- und Raumfahrt befindet sich in einer schweren Krise. Die einst glamourösen Unternehmen sind verblasst oder liegen in Konkurrenz zueinander – weit abgeschlagen hinter den Amerikanern, die mehr als 80 Prozent des Marktes für Verkehrsflugzeuge beherrschen. Vor diesem Hintergrund einigen sich die zuständigen Minister aus Deutschland und Frankreich am 29. Mai 1969 auf einen vollkommen neuen Ansatz: eine deutsch-französische Partnerschaft zur Entwicklung des ersten Airbus-Flugzeugs, der A300. In der Folge schließen sich mit Spanien und Großbritannien weitere europäische Nationen dieser Kooperation an. 

Der französische Verkehrsminister Jean Chamant und der deutsche Wirtschaftsminister Karl Schiller besiegeln mit ihrer Unterschrift…

Zu diesem Zeitpunkt hätte ehrlicherweise wohl kaum jemand auf einen Erfolg dieser gesamteuropäischen Initiative gesetzt. Und dennoch: Es war die Geburtsstunde eines heute weltweit führenden Luft- und Raumfahrtkonzerns.


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In diesem Monat stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Ein guter Zeitpunkt sich darauf zu besinnen, dass eine starke und souveräne Europäische Union – gerade angesichts zunehmender nationalistischer Tendenzen, schwacher Wachstumszahlen und schwelender Handelskonflikte – der Garant für eine erfolgreiche Zukunft Europas ist. Dies sind auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit und Gegenwart von Airbus, das in diesem Monat sein 50-jähriges Bestehen feiert.

Airbus produziert die Hälfte aller großen Verkehrsflugzeuge

 Airbus ist eine Erfolgsgeschichte europäischer Integration. In den vergangenen fünf Jahrzehnten haben wir die Zivilluftfahrt- und Verteidigungsindustrie in Europa zusammengeführt, um Kosten und Doppelstrukturen zu reduzieren. Heute produziert Airbus die Hälfte aller großen Verkehrsflugzeuge weltweit und ist zudem erfolgreich in den Bereichen Hubschrauber, Verteidigung und Weltraum tätig. Wir beschäftigen weltweit 130.000 hochqualifizierte Mitarbeiter und sind ein starker Motor für Produktivität, Export und Innovation innerhalb Europas.

 Unsere Geschichte ist geprägt von politischer Zusammenarbeit, transatlantischem Wettbewerb und sagenhaften Verkaufserfolgen. Alles ermöglicht von Generationen exzellenter, gewissenhafter Ingenieure, die dazu beigetragen haben, Flugreisen sicherer, sparsamer und für Millionen neuer Passagiere auf der ganzen Welt zugänglich zu machen.

 Zahlreiche wegweisende Innovationen haben das Wachstum von Airbus vorangetrieben. Seit 2014 stellen wir unsere Flugzeuge aus modernen und leichten Verbundwerkstoffen her, sodass die CO2-Emissionen auf Langstreckenflügen im Vergleich zu vielen älteren Flugzeugmodellen um 25 Prozent gesenkt werden konnten. Einer der maßgeblichen Faktoren für unseren Erfolg ist, dass wir Flugzeugbauteile sowie Mitarbeiter und Technologien ungehindert quer durch Europa schicken können.

  Neue Technologien werden das Fliegen verändern

So weit, so gut. Wie sieht die Zukunft aus? Die Luft- und Raumfahrtindustrie steht an der Schwelle einer neuen technischen Revolution, die alles bisher Erreichte komplett verändern wird. Digitale Technologien, autonomes Fliegen, künstliche Intelligenz und Elektromobilität werden die Art und Weise, wie Flugzeuge konstruiert, gebaut, geflogen und gewartet werden, revolutionieren. Diese Entwicklung wird bereits als neues „goldenes Zeitalter“ der Luftfahrtfahrt bezeichnet und mit ihr kündigen sich ein härterer Wettbewerb und das Heranwachsen neuer Schwergewichte in unserer Branche an.

Auch Airbus will eine Flugdrohne an den Start bringen.

 Noch hat Europa es selbst in der Hand, die bevorstehende Revolution in Innovation und Technologie sowie den Übergang hin zu einer nachhaltigen Industrie und einem CO2-freien Luftverkehr als Vorreiter zu gestalten. Die Innovationsprogramme der Europäischen Union sind perfekt auf eine Förderung der disruptiven Technologien ausgerichtet, die es Europa ermöglichen werden, seine Führungsrolle in der Luft- und Raumfahrtindustrie in den kommenden Jahrzehnten beizubehalten.

 Um in dieser sich verändernden Welt erfolgreich bestehen zu können, braucht Airbus mehr denn je die finanzielle und politische Unterstützung der EU – beispielsweise für die Entwicklung der nächsten Generation von Satelliten und Kampfflugzeugen in Europa.

  Es ist die Aufgabe der EU sich für freien Handel einzusetzen

Wo Protektionismus und politische Zersplitterung auf dem Vormarsch sind, ist es die Aufgabe der EU, sich für freien Handel innerhalb und außerhalb Europas einzusetzen. Aufgrund der strategischen Bedeutung der weitgehend globalisierten Luft- und Raumfahrtbranche muss Europa mit einer starken Stimme sprechen.

  So kann Airbus das Vermächtnis seiner Gründer und die vor 50 Jahren formulierte, ehrgeizige Vision einer europäischen Innovationspartnerschaft konsequent fortführen.

 Die Welt von 1969 liegt zwar lange hinter uns. Doch die Idee, ein starkes, wettbewerbsfähiges Europa zu schaffen, bleibt für uns unverändert attraktiv und bedeutsam.



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