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Wirtschaft - 15.11.2018

Wirtschaft kühlt zum Jahresauftakt ab

Die deutsche Wirtschaft ist in den ersten Monaten des neuen Jahres langsamer gewachsen. Die Angst vor Krieg und Krisen bremst Unternehmen und Verbraucher.

Stress am Hochofen. Mögliche Strafzölle gegen Stahl und Aluminium aus Europa verunsichern die Wirtschaft.

Donald Trump, die Grippewelle, Streiks und ein steigender Ölpreis – für die deutsche Wirtschaft hat das Jahr mit einigen Belastungen begonnen. Vor allem die Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch US-Präsident Trump und die Sorge vor einer Eskalation des Nahost-Konflikts drücken auf die Stimmung. Gleichwohl warnen Regierung, Verbände und Ökonomen vor übertriebenem Pessimismus. Die Rede ist von „temporären Faktoren“ und einem nach wie vor soliden Wirtschaftswachstum. „Der Aufschwung bleibt intakt“, erklärte am Dienstag die Bundesregierung.

Doch die aktuellen Konjunkturdaten zeigen, dass die deutsche Wirtschaft spürbar gebremst wurde. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Januar bis März nur noch um 0,3 Prozent zum Vorquartal zu – ein kleineres Plus gab es zuletzt vor drei Jahren. Auch die Konjunkturerwartungen verharren auf dem tiefsten Stand seit mehr als fünf Jahren, wie der Index des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt.

Schwach aber positiv. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland lässt nach,

Optimismus oder Pessimismus – eine Frage der Perspektive. Im Quartalsvergleich sei die Wirtschaftsleistung zu Beginn des Jahres zum 15. Mal in Folge gestiegen, erklärte das Statistische Bundesamt. Damit befinde sich die deutsche Wirtschaft in der längsten Aufschwungphase seit 1991. Grund für die mageren 0,3 Prozent Wachstum seien Sondereffekte, betonte das Bundeswirtschaftsministerium: Metaller-Warnstreiks im Januar, die Grippewelle, die im Februar für einen Krankenstand auf Zehnjahreshoch sorgte, und das frühe Osterfest Ende März und Anfang April. Auch die vorläufige Haushaltsführung des Bundes „dürfte sich spürbar ausgewirkt haben“.

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), zeigte sich enttäuscht vom Jahresstart. „Die Engpässe haben im ersten Quartal stärker gewirkt als erwartet.“ Dennoch sei dies „noch nicht der Anfang vom Ende des Aufschwungs“. Auch Ferdinand Fichtner, Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik am DIW Berlin, sieht im langsameren Wachstum keinen Grund zur Beunruhigung. Die Entwicklung habe sich schon länger abgezeichnet.


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Mehr Investitionen in Bauten und Anlagen

Optimistisch stimmt Ökonomen, dass zum Jahresauftakt kräftig investiert wurde – vor allem in Bauten, aber auch in Ausrüstungen, also Maschinen. Experten gehen auch deshalb davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft im Frühjahr wieder kräftiger zulegt – schließlich investieren Unternehmen meist nur dann, wenn sie mit anhaltend guten oder sogar besseren Geschäften rechnen. „Unser Konjunkturbarometer zeigt für das zweite Quartal ein Wachstum an, das locker wieder an die kräftige zweite Jahreshälfte 2017 anknüpfen kann“, teilte DIW-Konjunkturforscher Fichtner mit. „Insgesamt steht die deutsche Wirtschaft sehr gut da.“ Der stabile Arbeitsmarkt und kräftige Lohnerhöhungen stützten die Inlandsnachfrage, der Export laufe rund, vor allem in den Euroraum, wo der zeitweilig (zum Dollar) starke Euro nicht ins Gewicht fällt.

Öl so teuer wie vor dreieinhalb Jahren

Wären da nicht Trump, das Atom-Abkommen und ein möglicher Handelskrieg zwischen den USA und der EU. So ist die Unsicherheit bei deutschen Unternehmen, ob Stahl und Aluminium aus der EU von US-Strafzöllen ausgenommen bleiben, groß. „Die schlechte Nachricht hat einen Namen: Donald Trump“, sagte der Direktor des IMK-Instituts, Gustav Horn.

Der ohnehin stark gestiegene Ölpreis hat in Folge des gekündigten Iran-Abkommens noch weiter zugelegt. Aus Furcht vor einem Angebotsengpass decken sich Anleger weiter mit Rohöl ein. Der Preis für die Nordsee-Sorte Brent stieg am Dienstag um bis zu 1,6 Prozent und lag mit 79,47 Dollar je Barrel so hoch wie zuletzt vor dreieinhalb Jahren. Teure Rohstoffe lassen die Spritpreise steigen und erhöhen die Kosten für die Unternehmen. Entsprechend sind laut ZEW auch die Inflationserwartungen der befragten Finanzexperten zuletzt deutlich gestiegen. (mit rtr)

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