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Wissen - 17.11.2018

HU sagt endgültig Ja zur Islam-Theologie

Die Islam-Theologie an der Humboldt-Universität wird definitiv gegründet. Doch jetzt gibt es eine offizielle Auflösungs-Klausel etwa bei antisemitischen Positionierungen.

An der Humboldt-Universität wird seit langem über das Islam-Institut gestritten.

Das Kuratorium der Humboldt-Universität (HU) hat der Gründung eines Instituts für Islamische Theologie zugestimmt. Damit ist eine lange Debatte über das Für und Wider der Etablierung eines solchen Fachs an einer Berliner Universität vorerst beendet. Allerdings setzte sich auch im Kuratorium der Streit um die Zusammensetzung des künftigen theologischen Beirats der Islam-Theologie fort.

Konkret ging es um die Teilnahme der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und sich nicht von der israelfeindlichen Al-Quds-Demonstration in Berlin distanziert hat. Einige IGS-Vertreter sollen sogar daran teilgenommen haben.

Kündigung bei antisemitischen Positionen

Dazu stellte Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach im Kuratorium eine Protokollnotiz zum Beirats-Vertrag vor. Für den Beirat würden „selbstverständlich“ keine Personen bestellt, die in der Vergangenheit gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder das Grundgesetz verstoßen hätten, heißt es darin. Insbesondere bei antisemitischen „Positionierungen“ eines im Beirat vertretenen Verbandes oder Mitgliedes könnten die Uni und der Senat die Vereinbarung über die Bildung des Beirats kündigen.

Auf Nachfrage sagte Krach, eine frühere oder künftige Teilnahme eines Beiratsmitgliedes etwa am Al-Quds-Marsch wäre „nicht akzeptabel“. Dass zwei der drei beteiligten Verbände beziehungsweise ihre Moscheen – neben den Schiiten auch die Berliner Islamische Föderation – vom Verfassungsschutz beobachtet werden, reiche allerdings nicht für einen Ausschluss aus dem Beirat. „Jedes einzelne Mitglied des Beirats werden wir uns aber vor der Berufung in den Beirat genau anschauen“, betonte Krach.

Ein Antrag der HU-Kuratorin und Grünen-Politikerin Krista Sager, dass der Senat jederzeit neue Verbände oder Persönlichkeiten in den Beirat berufen könne, wurde abgelehnt. Der Antrag zielte auf die Forderung, auch liberale Strömungen einzubeziehen. Hier hatte die Humboldt-Universität verfassungsrechtliche Bedenken, diese noch mitgliederschwachen Initiativen einzuladen. Der Beirats-Vertrag hat aber eine Öffnungsklausel.

Berlin tat sich lange schwer mit der Gründung der Islam-Theologie

Die Humboldt-Uni gehört als Standort der Islam-Theologie zu den Spätberufenen. Der Bund fördert bereits seit 2011 deutschlandweit fünf Zentren für Islamische Theologie in Tübingen, Frankfurt (mit Gießen), Münster, Osnabrück und Erlangen-Nürnberg.

Berlin hatte sich damals an der vom Wissenschaftsrat empfohlenen Ausschreibung des Bundesprogramms nicht beteiligt. Zum einen fürchtete die kulturwissenschaftlich ausgerichtete Islamwissenschaft an der Freien Universität die Konkurrenz und die Verwerfungen, die eine Islam-Theologie mit sich bringen würde. Auch die Humboldt-Universität mit ihrer traditionell starken Evangelischen Theologie zeigte zunächst kein Interesse.

„Gutes Miteinander und Wertschätzung in der Zivilgesellschaft“

Vor gut drei Jahren drängte dann der Berliner Senat zu einer eigenen Berliner Initiative. Eine bei der Wissenschaftsverwaltung angesiedelte Arbeitsgruppe formulierte gemeinsam mit Vertretern der Universitäten und von fünf Berliner Islam-Verbänden im März 2016 ein Eckpunktepapier zur künftigen Islam-Theologie. Neben anderen Glaubensbekenntnissen solle auch der Islam mit einem theologisch-wissenschaftlichen Studium an einer Berliner Universität etabliert werden, hieß es darin.

Bei der Institutsgründung gehe es darum, „das gute Miteinander von Menschen unterschiedlicher religiöser Zugehörigkeit und deren Wertschätzung in der Zivilgesellschaft“ zu unterstützen.

Doch wieder waren die beiden großen geisteswissenschaftlichen Universitäten der Stadt unentschlossen. Bis sich schließlich die Humboldt-Uni bereiterklärte, ein Institut oder Zentrum für Islamische Theologie zu gründen. Ein Jahr später dann präsentierte die HU mit dem Mittelalterhistoriker Michael Borgolte einen Gründungsbeauftragten. Unverzüglich nahm er die Arbeit auf; wiederum gemeinsam mit Vertretern der fünf großen – und allesamt konservativ ausgerichteten – Islamverbände. Sie sollten auch den theologischen Beirat des künftigen Instituts bilden.

Kritik an Nichtbeteiligung liberaler Vertreterinnen

Kritik daran äußerte von Anfang an Seyran Ates, Rechtsanwältin und Gründerin einer liberal ausgerichteten Moschee in Berlin-Moabit. Der Forderung, auch liberale Kräfte einzubeziehen, schlossen sich neben anderen Berliner Politiker der CDU und der Grünen an. Mit seiner Argumentation, in einer ersten Phase nur mit etablierten Verbänden zusammenarbeiten zu wollen und zu können, hatte Borgolte sowohl die Unileitung als auch Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach und den Regierenden Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) hinter sich.

Die türkische Ditib hatte sich bereits verabschiedet

Eine in Borgoltes Arbeitsgruppe abgestimmte Vereinbarung zum Beirat für das Islam-Institut unterschrieben am Ende nur drei von fünf Verbänden, nämlich der Zentralrat der Muslime, die Islamische Föderation und die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands. Nicht dabei sind die türkische Ditib und der Verband der Islamischen Kulturzentren. Beide hatten Bedenken, von zusätzlich berufenen unabhängigen muslimischen Hochschullehrern im Beirat überstimmt werden zu können.

Das Institut für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität soll zum Wintersemester 2019/20 mit zunächst vier Professuren seine Arbeit aufnehmen, zwei weitere Forschungsprofessuren sind beim BMBF beantragt.

HU-Präsidentin Sabine Kunst erklärte am Nachmittag, die Uni werde die Islam-Theologie „in ihr interdisziplinäres und wissenschaftliches Netzwerk einbinden“. Für die Kuratoriums-Vorsitzende Bulmahn ist die Gründung ein „wichtiger Meilenstein“ in der Entwicklung der HU. In einer säkularen Welt müssten die Religionen „miteinander noch stärker in den Dialog treten“.

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