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Politik - 07.11.2018

Ein peinliches Foto, ein böser Brief

Baden-Württembergs Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und zwei Vorstandsmitglieder treffen sich zum Gespräch mit der AfD – der GdP-Bundesvorsitzende hört davon und schreibt einen geharnischten Brief. Grund: ein Erinnerungsfoto. 0

Vor dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin sorgt der Umgang mit der AfD für mächtigen Ärger. Die GdP ist mit 187.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung innerhalb der Polizei Deutschlands. In ihr wird derzeit über ein Treffen zwischen Vertretern der Gewerkschaft und der AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg diskutiert, das die Regionalpresse beschäftigte.

Noch nicht bekannt ist der geharnischte Brief, den der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow den Kollegen im Ländle schickte. Das Schreiben hat er in Kopie auch an den DGB und die Mitgliedsgewerkschaften weitergeleitet. In dem zweiseitigen Brief vom 20. September, der WELT vorliegt, heißt es: „Mit Entsetzen“ habe man das Treffen, von dem Fotos in sozialen Medien der AfD-Fraktion erschienen seien, zur Kenntnis nehmen müssen. Malchow ist Sozialdemokrat.

Auf dem Bild sind die GdP-Funktionäre vor einer AfD-Medienwand zu sehen. „Wir halten es in keiner Weise für ausreichend, euer Gespräch und dessen fotografische Dokumentation damit zu begründen, dass es sich um ein scheinbar legitimes Gespräch mit einer im Landtag vertretenen und damit demokratisch gewählten Partei handeln könnte“, schreibt Malchow.

„Gewerkschaftsfeindliche Partei“ – GdP über die AfD

Das Vorgehen der Baden-Württemberger verstößt laut Malchow gegen die vom GdP-Bundesvorstand beschlossene „Handlungshilfe zum Umgang mit der AfD“, die von Ende Mai 2017 stammt. Darin wird die AfD als „gewerkschaftsfeindliche Partei“ gebrandmarkt. Auch ein Beschluss des DGB-Bezirks Baden-Württemberg von 2016 hält fest, dass man „keinen Kontakt zu der Partei oder ihrer Landtagsfraktion aufnehmen“ werde.

An dem Gespräch mit der AfD hatten GdP-Landeschef Hans-Jürgen Kirstein und zwei Vorstandsmitglieder teilgenommen. Das Trio ließ sich anschließend zusammen mit AfD-Politikern vor einer Wand mit dem Logo der Partei fotografieren.

Kirstein hat Malchow in einer Stellungnahme vom 16. Oktober, die WELT ebenfalls vorliegt, geantwortet. Man habe „ausschließlich für das Thema der Dienstpostenbewertung eine einmalige Ausnahme“ gemacht und nur zu diesem Zweck mit der AfD gesprochen.

Die Fotografierten sagen: Das Foto war ein Fehler

Dabei ging es um die Forderung der Landes-GdP, den Polizeiberuf höher zu bewerten und die Ordnungshüter somit bei der Besoldung gerecht einzustufen.

Kirstein gibt allerdings zu, sich unklug verhalten zu haben. „Dass mit den Gesprächspartnern, wie bei allen anderen Parteien auch, ein Foto gemacht wurde, war ein Fehler, welchen ich an dieser Stelle einräumen möchte“, teilte er Malchow mit.

Generell stehe auch er zu dem Grundsatz, dass eine Funktionärstätigkeit in der GdP nicht mit einer Parteizugehörigkeit bei der AfD vereinbar sei. Aber darum ging es hier nicht – es ging um ein Gespräch plus Foto.

Gewerkschafter: Stellt uns nicht in die „rechte Ecke“

Baden-Württembergs GdP-Chef Kirstein wehrt sich in seinem Antwortschreiben dagegen, in die „rechte Ecke“ gestellt zu werden. Bei der AfD handelt es sich nach seiner Auffassung um „eine demokratisch gewählte Partei mit nicht unerheblichen Prozentsätzen in verschiedenen Parlamenten“. Trotzdem bedeute dies nicht, dass er sich mit deren Inhalten identifiziere oder deren Programm gutheißen müsse.

Ist das Thema AfD in der GdP damit vom Tisch? „Die AfD macht Politik gegen die Gewerkschaften und damit auch gegen die GdP“, sagte Malchow auf Anfrage von WELT. Ihm sei aber durchaus bewusst, dass Kollegen an Gedanken der AfD hängen bleiben könnten.

„Das respektieren wir, halten es aber aus gewerkschaftspolitischer Sicht für falsch. Wir stellen daher in aller Deutlichkeit fest, dass die GdP nicht offensiv das Gespräch mit der AfD suchen wird.“ Malchow stellt zugleich klar: Polizisten können ein Parteibuch der AfD haben, solange sie die Pflichten als Beamte nicht verletzten.

Kirstein sagte auf Anfrage: „Ich bin SPD-Mitglied. Deswegen hat mich die Heftigkeit mancher Reaktionen sehr überrascht und auch persönlich getroffen.“ Auch der „scharfe Brief“ von Malchow sei da „nicht förderlich“ gewesen. „Ich hatte erwartet, dass er mal den Telefonhörer in die Hand nimmt und sich bei mir meldet.“ Dies sei bis heute nicht geschehen.

Das Thema bleibt: Polizisten sind Abgeordnete der AfD

Er gehe davon aus, betont Kirstein, dass Malchow mit ihm auf dem GdP-Bundeskongress, der am 26. November in Berlin stattfindet, über alles sprechen werde. Die Auseinandersetzung mit der AfD steht bisher nicht auf der Tagesordnung des Konvents. Doch es könnte einen Dringlichkeitsantrag geben. Bestimmt aber werden unter den Delegierten weitere Debatten geführt.

Das Thema ist nicht erledigt, weil die AfD inzwischen auch innerhalb der Polizei etliche Anhänger hat, und mancher sitzt sogar für die Partei im Parlament. So ist der baden-württembergische AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess Polizist. Der stellvertretende Sprecher des AfD-Landesverbandes arbeitete zuletzt als Dozent der Hochschule der Polizei am Institut für Fortbildung in Böblingen.

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