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Sport - 11.06.2019

Die Füchse Berlin stehen am Scheideweg

Die Füchse Berlin sind mit hohen Erwartungen in die Saison gestartet – und zitterten sich zur Europapokal-Teilnahme. Warum eigentlich? Eine Analyse.

Gesprächsbedarf. Bei den Füchsen Berlin hakte es in dieser Saison an vielen Ecken und Enden. Am Sonntag geht es für die Berliner…

In seinen vier Jahren als Handball- Profi der Füchse Berlin hat sich Bjarki Mar Elisson nichts, aber auch gar nichts zu Schulden kommen lassen. Der 29-Jährige, ein junger Familienvater, verkörperte das Bild des isländischen Sportlers wie ein hauptberuflicher Botschafter. Elisson war stets zurückhaltend und doch kommunikativ, nett und doch extrem ehrgeizig; obendrein verlor er nie ein böses Wort – bis zu jenem Abend des 18. Mai 2019.

Nach der Niederlage im Finale des EHF-Pokals gegen den THW Kiel sollte Elisson ausführen, wie er die Füchse Berlin perspektivisch aufgestellt sieht. Das übliche Prozedere auf der Pressekonferenz wären ein paar warme, diplomatische Worte gewesen. Im Eifer des Gefechts entschied sich Elisson, der in diesem Sommer zum TBV Lemgo wechselt, allerdings für das exakte Gegenteil. „Ehrlich gesagt interessiert mich die Zukunft der Füchse nicht, weil ich bald kein Mitglied dieses Vereins mehr sein werde“, sagte der Linksaußen. Es war ein Satz, der aufhorchen ließ – weil er nur bedingt zum Narrativ des Vereins passte. Manager Bob Hanning betont gern, dass er bisher noch mit jedem Spieler im Guten auseinandergegangen sei – egal, was vorher passiert ist.

Elissons kurze Wutrede war der vielleicht offensichtlichste Beleg für die zwischenmenschlichen Differenzen, die im Verlauf der Spielzeit 2018/19 aus dem Lager der Füchse-Profis zu Tage gefördert wurden. Wenn selbst der sonst so höfliche Isländer öffentlich aus der Haut fährt, wie muss es dann erst hinter den Kulissen zugegangen sein? Zwar konnten die Berliner ihre Dissonanzen weitestgehend kaschieren, Sätze wie der von Elisson waren eher die Ausnahme als die Regel.

Trotzdem färbten die Unstimmigkeiten auf die sportlichen Resultate ab: Vor dem letzten Heimspiel der Saison gegen Wetzlar am Sonntag, das die Füchse knapp verloren, waren die mit extrem hohen Erwartungen gestarteten Berliner noch nicht mal sicher für den Europapokal qualifiziert. Im Gegensatz zu den Hessen, die ihr Saisonziel bereits erreicht hatten und gerade von einer Mannschaftsfahrt aus Mallorca zurückgekehrt sind, hatten die Füchse-Profis noch einmal richtig Druck, bevor sie sich nun in den Urlaub und eine richtungsweisende Sommerpause verabschieden dürfen.

„Wenn wir Europa nicht schaffen, ist es ein verlorenes Jahr“

„Wenn wir es nicht nach Europa schaffen sollten, wäre es ein verlorenes Jahr, keine Frage“, sagt Manager Hanning. In diesem konkreten Fall hätte es auch für Trainer Velimir Petkovic eng werden dürfeb, der einen bis 2020 gültigen Vertrag besitzt. Nun aber hat Petkovic die vor der Saison vereinbarten Vorgaben auf dem Papier erfüllt: die Füchse qualifizierten sich erstmals nach vier Jahren wieder für das Finalturnier um den DHB-Pokal und scheiterten in Hamburg am späteren Sieger THW Kiel, darüber hinaus zogen sie zum dritten Mal in Folge ins Endspiel um den EHF-Pokal ein und verloren dort, genau: erneut gegen den THW Kiel.

„Das ist wirklich keine Schande. Gegen diese Mannschaft darf man verlieren – auch zwei Mal“, sagt Hanning. „Aber uns ist natürlich bewusst, dass es eine zweite, eine negativere Lesart für die letzten Monate gibt“, räumt der Manager ein. Auch dafür existieren stichhaltige Beweise, etwa der Umstand, dass die Füchse in dieser Saison 15 ihrer 34 Bundesliga-Spiele verloren haben. Zum Vergleich: In den Spielzeiten 2016/17 und 2017/18 kassierten sie zusammen zwölf Niederlagen. Oder anders ausgedrückt: Vor einem Jahr betrug der Rückstand auf Meister Flensburg am Saisonende drei Punkte, in diesem Jahr sind es 26 Punkte. Wo liegt also die Wahrheit?

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