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Sport - 05.01.2019

Verlorene Kämpfer

Kaum Aussicht auf Besserung: Bei den Eisbären Berlin schwindet immer mehr die Hoffnung auf ein gutes Finale der Saison.

Kein Tor, keine Stimmung. Die Spieler der Eisbären nach dem Straubing-Spiel.

Berlin – Als nach zweieinhalb Stunden dieses mickrige eine Tor des Abends im Penaltyschießen gefallen war und die Eisbären daraufhin ihren Penalty verballerten, wurde es still. Die Zuschauer in der Arena am Mercedes-Platz flüchteten schnell. Zurück blieben ein paar Menschen, die mit bayrischer Zunge und in bierseliger Stimmung „Straubing“ riefen. Es war ein Horrorabend aus Sicht der Eisbären und sicher war es der Freitagabend, an dem Fans und Mannschaft gemeinsam ein Stück vom Glauben daran verloren, dass die laufende Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) noch zu retten ist. Die Zahlen sprechen gegen die Rettung: Die Eisbären sind nach 36 Spieltagen Neunter, haben unter dem neuen Trainer Stéphane Richer nur neun von 21 möglichen Punkten geholt. Die Emotionen sprechen dagegen: Die Körpersprache der oft zu wenig lauffreudigen Berliner Spieler auf dem Eis wirkte auch gegen die Straubing Tigers resignativ.

Der beste Spieler bei den Eisbären war am Freitag Kevin Poulin. Der Torwart aus Kanada kassierte in 65 Spielminuten keinen Gegentreffer, es reichte seinem Team aber nur zu einem Punkt. Auf die Frage hin, ob seine Mitspieler auch wirklich die für eine lange Saison nötige Fitness hätten, sagte Poulin: „Ich bin nicht in der Position, um das zu kommentieren.“

38 000 Zuschauer haben in sechs Tagen die triste Heimserie der Eisbären mit den Spielen gegen Ingolstadt (2:4), Iserlohn (4:3 nach Penaltyschießen) und das 0:1 gegen Straubing verfolgt. An Unterstützung von außen hat es nicht gelegen und angeblich auch nicht an mangelnder Fitness oder Einstellung, wie Richer nach dem Straubing-Spiel sagte: „Positiv ist, dass die Jungs bis zum Ende gekämpft haben.“

Tolle Kämpfer gewinnen im Eishockey oft nur dann, wenn sie spielerisch auch etwas zu bieten hatten. Im letzten Punkt sieht es bei Richers Team trübe aus: Die Eisbären werden nach Lage der Dinge in den Pre-play-offs spielen, mit etwas Glück reicht es vielleicht im März für das Viertelfinale. Sicher, es hat schon Ausnahmen gegeben, die sich angesichts des etwas seltsamen Regelwerks der DEL nach schwacher Hauptrunde in den Play-offs durchgeschlängelt haben. Der ERC Ingolstadt wurde 2014 sogar Meister, als Neunter der Hauptrunde. Aber das war die größte Ausnahme in der Geschichte der Liga und die Eisbären wirken momentan nicht so, als könnten sie noch zur positiven Ausnahme der Saison werden.

Die Qualität der Mannschaft ist vielleicht sogar da, aber sie wird nicht ausgereizt. Unter Trainer Uwe Krupp, bei den Spielern mehr respektiert denn beliebt, stimmten die Hierarchien zwischen Leitung und Spielern. Assistenztrainer Clement Jodoin war der große Taktiker und mit Co-Trainer Steffen Ziesche auch der Ansprechpartner und Gute-Laune- Mensch für die Spieler. Als Chef hat Jodoin nach der Umbesetzung nicht funktioniert – es war ein Scheitern mit Ansage.

Dass sich Sportdirektor Richer in der Lage sah, das Amt des Cheftrainers zu übernehmen, ehrt ihn. Es war aber wohl nicht die Idee des Jahres bei den Eisbären. Die Berliner Profis spielen unter dem Mann, mit dem sie sonst am Tisch ihre Verträge aushandeln, nicht besser als vorher. Da hilft auch kein buntes Sturmreihen-Bingo des Aushilfstrainers. Wenn es hart wird, lässt Richer eh nur mit drei Sturmreihen spielen – alte Schule eben, die dann aber die Spieler physisch hart beansprucht und zu schnell zu neuen Verletzten führen kann, von denen die Eisbären sehr viele haben. Aber damit haben sie kein Alleinstellungsmerkmal in der Liga.

Womöglich ist es gut, dass es nun für die Eisbären mit drei Auswärtsspielen in Serie weitergeht, am Sonntag mit dem Spiel in Krefeld (14 Uhr). Auch wenn jetzt vieles bei den Eisbären für ein jähes Saisonende vor den Play-offs spricht, ist ja ein Wunder immer möglich. Claus Vetter

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