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Kultur - 24.12.2018

„Die Schygulla“: Ein Filmstar wird 75

Hanna Schygulla hat den deutschen Nachkriegsfilm geprägt wie nur wenige Schauspielerinnen vor ihr. Am 25. Dezember wird „die Schygulla“ 75 Jahre alt. Ein Rückblick auf ein Leben zwischen Ruhm und Kritik.

Wie vom Blitz getroffen und glasklar will Rainer Werner Fassbinder gewusst haben, dass „die Schygulla“ einmal der Star seiner Filme werden würde. So zumindest ist es nachzulesen in „R.W. Fassbinder: Illustriertes Werkverzeichnis 1969 – 1982“, erschienen 2016. Heute gilt Fassbinder als der wichtigste Vertreter des Neuen Deutschen Films der 1970er und 1980er Jahre. Fassbinder macht Hanna Schygulla zum Gesicht seiner Filme und damit zur Ikone des deutschen Nachkriegsfilms. 

Fassbinders Muse

1943 in Oberschlesien geboren, flieht Hanna Schygulla mit ihrer Familie nach München. Sie studiert Germanistik und Romanistik und nimmt Schauspielunterricht. In der Schauspielschule trifft sie 1963 den Autodidakten Fassbinder. Sie wird Teil seines von der „Nouvelle Vague“ beeinflussten „Anti-Theaters“ und des sogenannten „Clans“ um ihn. Ihre erste Rolle als sinnliche Gangsterbraut in Fassbinders erstem abendfüllenden Spielfilm „Liebe ist kälter als der Tod“ (1969) ist der Start ihrer Karriere. Bis zu Fassbinders frühem Tod mit 37 Jahren spielt sie in nur zwölf Jahren in 23 seiner Filme mit. Schygulla ist Fassbinders Muse, Antrieb und Inspiration für sein kreatives Schaffen. Für ihn ist sie mal die naive, zerbrechliche, mal die laszive, mysteriöse Frau, mal eine Mutterfigur. 

1981 spielt Hanna Schygulla die Lale Anderson in Rainer Werner Fassbinders letztem Film „Lili Marleen“

Charakterdarstellerin von Frauenrollen 

Schygulla wird, ähnlich wie ihre Schauspielkollegin Barbara Sukowa, Charakterdarstellerin bedeutender Frauenrollen der Nachkriegsfilmgeschichte. Sie brilliert in ihrer Rolle der „Effie Briest“ (1974) und wird als „Lili Marleen“ (1980) zur „Underground-Diva“ der 1980er Jahre. Der internationale Durchbruch gelingt ihr schließlich mit ihrer Darbietung in „Die Ehe der Maria Braun“ (1978), für die sie bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wird. Fortan dreht sie mit internationalen Regisseuren wie Andrzej Wajda „Eine Liebe in Deutschland“ (1983) und Marco Ferreri in „Die Geschichte der Piera“ (1983). Auch hier erhält sie den Darstellerpreis.

In den Jahren 1981 bis 2014 verlegt Schygulla ihren Hauptwohnsitz nach Paris. Es wird etwas stiller um die Charakterdarstellerin. Sie kümmert sich vornehmlich um die Pflege ihrer kranken Eltern. 2005 dreht sie nach 20 Jahren erstmals wieder in Deutschland. Ihre Darbietung in Fatih Akins Film „Auf der anderen Seite“ (2007) wird von Kritikern gut aufgenommen. 2014 verlegt sie ihren Hauptwohnsitz zurück nach Deutschland. Seitdem ist sie Berlinerin. 

Kritik um Äußerungen bei #MeToo-Debatte

Unter Kritik geriet die mit zahlreichen Filmpreisen ausgezeichnete Schauspielerin und Chansonsängerin mit Aussagen, die sie im Zuge der #MeToo-Debatte machte. Ähnlich wie ihre im selben Jahr wie sie geborene französische Kollegin Catherine Deneuve stellte auch sie die #MeToo-Debatte öffentlich in Frage. Fassbinder habe sie bei der Zusammenarbeit geschlagen und sie habe es hingenommen, sie habe sich vor ihm gefürchtet, erklärte Schygulla. Dass ausgerechnet die Darstellerin bedeutender Frauenrollen, die selbst Opfer von Machtmissbrauch wurde, sich nicht auf die Seite der Betroffenen schlägt, stößt bei vielen auf Unverständnis und Kritik.

Gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“ hingegen erklärte Schygulla, es sei wichtig, dass diese Debatte um sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch in der Filmbranche geführt werde. Schygulla, die Mitunterzeichnerin der Initiative „For A Thousand Lives. Be Human“, einem Appel gegen Populismus und Schweigen (2015), ist, blickt zurück auf ein imposantes Lebenswerk, das mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde.

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