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Politik - 18.11.2018

Aus Angst vor Protesten – Regierungschef legt Blumen nachts ab

Tschechien möchte den Beginn der Samtenen Revolution feiern. Doch die Korruptionsvorwürfe gegen Ministerpräsident Andrej Babis überschatten die Festlichkeiten. Der wagte sich nun nur im Schatten der Nacht an ein Mahnmal. 0

Der Streit über Ministerpräsident Andrej Babis stört nun auch das Gedenken an den Beginn der sogenannten Samtenen Revolution vor 29 Jahren. Offenbar aus Angst vor Protesten legte Tschechiens Regierungschef überraschend bereits in der Nacht zum Samstag einen Strauß an einem Mahnmal auf der Prager Nationalallee nieder.

Am Morgen warfen Aktivisten die Blumen in einen Mülleimer, wie die Agentur CTK berichtete. Die Polizei stellte das Gebinde sicher und ermittelt nun wegen Sachbeschädigung.

Der Multimilliardär Babis steht wegen einer Korruptionsaffäre unter Druck. Dabei geht es um Subventionen für das Wellness-Resort „Storchennest“ in Mittelböhmen. Dem früheren Unternehmer wird vorgeworfen, im Jahr 2007 mit seinem Konzern Agrofert unrechtmäßig EU-Gelder in Millionenhöhe eingestrichen zu haben.

Zuletzt erklärte Babis, Gründer der liberalpopulistischen Partei ANO, er werde „niemals“ zurücktreten. Mehrere Organisationen haben für den Samstagnachmittag und -abend zu Demonstrationen, unter anderem „gegen Hass und Lügen“, aufgerufen.

Vor einigen Tagen waren neue Vorwürfe gegen den umstrittenen Politiker bekannt geworden. Nun wirft Babis’ Sohn dem Vater vor, ihn im vergangenen Jahr gegen seinen Willen außer Landes gebracht zu haben, um Ermittlungen wegen mutmaßlichen Subventionsbetrugs zu behindern.

Babis hat die Vorwürfe seines Sohnes aus erster Ehe zurückgewiesen und erklärt, dieser leide an Schizophrenie. Der mittlerweile in der Schweiz lebende 35-Jährige bezeichnet das als Lüge.

Die tschechischen Oppositionsparteien haben sich derweil zusammengeschlossen, um ein Misstrauensvotum gegen den Regierungschef anzustreben. Voraussichtlicher Termin ist der 23. November. Beobachter halten es für unwahrscheinlich, dass die Opposition dabei erfolgreich sein wird.

Die brutale Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration in Prag hatte am 17. November 1989 die demokratische Wende in der damaligen Tschechoslowakei ausgelöst. Der „Tag des Kampfes für Freiheit und Demokratie“ ist in Tschechien seit dem Jahr 2000 ein Feiertag. Erinnert wird dabei auch an die Schließung der tschechischsprachigen Hochschulen durch die nationalsozialistischen Besatzer am 17. November 1939.

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