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Politik - 24.10.2018

Erste Ermittlungen nach Neonazi-Fest in Ostritz eingestellt

Anfang November strömen Neonazis wieder zum Rechtsrockkonzert ins sächsische Ostritz. Noch läuft die juristische Aufarbeitung Dutzender Straftaten nach dem ersten Festival-Wochenende im April. Die abgeschlossenen Verfahren weisen eine Tendenz auf. 0

Das Wochenende, das viele Ostritzer so schnell nicht vergessen dürften, begann ausgerechnet an Hitlers Geburtstag. Der 20. April dieses Jahres war der Auftakt des „Schild & Schwert“-Festivals, eines Rechtsrock- und Kampfsportfestes, das 1300 Neonazis und Hooligans in die ostsächsische Kleinstadt an der Neiße lockte.

Drei Mal so viele Menschen setzten damals ein Zeichen dagegen, zwischen den Fronten sorgten bis zu 1900 Beamte der Polizei für die Einhaltung von Recht und Gesetz – sie hatten allerhand zu tun.

Die zuständige Polizeidirektion Görlitz registrierte 68 Straftaten, vom Zeigen verbotener Symbole und Volksverhetzung bis hin zu Körperverletzung und Verstößen gegen das Betäubungsmittel-, Versammlungs- und Waffengesetz. Der Großteil ist Teilnehmern des Festivals zuzuordnen, das laut sächsischem Verfassungsschutz „die Aktions- und Gewaltbereitschaft der rechtsextremistischen Szene stärken“ sollte.

Der hat Ostritz offenbar viel Freude gemacht. Am ersten Novemberwochenende soll das Festival dort nun zum zweiten Mal stattfinden. Der Veranstalter ist wieder ein NPD-Mann aus Thüringen.  Er rechnet mit bis zu 750 Teilnehmern, die Polizei wollte keine Schätzung abgeben.

Während allseits die Vorbereitungen auf Festival II laufen, ist die juristische Aufarbeitung von Festival I noch gar nicht beendet. Doch es zeichnet sich ab: Die Mehrheit der Ermittlungsverfahren wird eingestellt.

Die von der Polizei nach dem Aprilwochenende aufgenommenen Delikte mündeten in 57 von Staatsanwaltschaften geführte Verfahren. Ein Drittel (19) ist mittlerweile abgeschlossen.

Davon wurden zwölf Verfahren eingestellt, in sechs Fällen wurden Strafbefehle beantragt. Nur einer darunter ist rechtskräftig, gegen einen weiteren wurde Einspruch eingelegt. In einem Fall wurde Anklage vor dem Jugendrichter erhoben. Das erfuhr WELT von Behörden und aus Antworten auf parlamentarische Anfragen.

Kein Anwerben für einen fremden Wehrdienst

In den meisten Fällen (36) geht es um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wie das Zeigen des Hitlergrußes oder offenes Tragen von Tattoos mit verbotenen Symbolen. Gegen bekannte Tatverdächtige wurden vier Strafbefehle beantragt. Vier Verfahren wurden eingestellt.

Unter dieses Delikt fallen auch 15 Verfahren infolge sichergestellter T-Shirts und Banner des „Sicherheitsdienstes Arische Bruderschaft“, der die Absicherung des Festivals übernommen hatte. Deren Beschlagnahmung hatte die Staatsanwaltschaft noch am Veranstaltungstag angeordnet, da das Logo der Gruppe mit zwei sich kreuzenden Stabhandgranaten verboten sei. In Thüringen ist ein Verfahren wegen des Verwendens dieses Logos allerdings eingestellt worden.

Eingestellt wurden auch Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (3) sowie gegen das Versammlungs- und Waffengesetz (je 1).

In einem Fall sah die Generalstaatsanwaltschaft Dresden den Straftatbestand des Anwerbens für einen fremden Wehrdienst nicht erfüllt. Ein Besucher des Rechtsrockfestivals trug ein T-Shirt mit dem Symbol des sogenannten Asow-Regiments, eines rechtsextremen ukrainischen Freiwilligen-Bataillons. Zwei weitere Verfahren gegen unbekannte Täter wurden ebenfalls eingestellt.

Auch wenn viele Verfahren nach Ostritz I eingestellt wurden, sie haben Auswirkungen auf Ostritz II – auf das neuerliche „Schild und Schwert“-Festival – wie auf die Gegenveranstaltungen.

Laut Polizei sind die Straftaten und Ordnungswidrigkeiten vom April „in die polizeiliche Beurteilung der Lage“ nun im November „und damit einhergehend in die Planung der anstehenden Einsatzmaßnahmen eingeflossen“. Ähnlich äußerte sich das Landratsamt Görlitz, das derzeit die Versammlungsauflagen erarbeitet.

Verschiedene Initiativen und zivilgesellschaftliche Akteure haben am gleichen Wochenende ein Friedensfest geplant, das der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eröffnen soll. Ein Landtagsabgeordneter der Linken hat insgesamt drei Versammlungen bei der Behörde angezeigt.

Im Rahmen des Neonazi-Festivals wurden eine Sport- und eine Tätowier-Veranstaltung sowie zwei Versammlungen angemeldet – unter dem Motto „Für Frieden und Freiheit aller Völker“.

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